„So stell’ ich mir unsere Kirche vor“
Den Startschuss bildet das Verlesen der Gründungsurkunde aus dem Jahr 819 durch Pfarrer Rother. Der Geistliche hat das Dokument selbst übersetzt. Er spielt das ein wenig herunter: „Es ist ja auch eine ganz freie Übersetzung“, sagt er. Um 16 Uhr gibt es dann, wie Köck erzählt, ein für sie ganz besonderes Highlight, ein Eltern-Kind-Projekt: Zusammen werden Stühle mit Stoff bespannt. Nur zwölf Familien waren angemeldet, aber über 30 sind gekommen. Kein Problem für die gut vernetzten Ehrenamtlichen. Schnell werden noch ein paar Akkuschrauber und etwas Holz organisiert und dann wird losgelegt. Für Köck ist es besonders schön, dass man drei Generationen, also Großeltern, Eltern und Kinder, zusammen beim Werkeln sieht. „So stell’ ich mir unsere Kirche vor“, erklärt sie.
Nach dem Gottesdienst um 19 Uhr und einem Essen mit Gulaschsuppe und Musik vom „Veld’ner Blechhaufa“ gibt es um halb zwölf dann eine Taizé-Andacht. Es herrscht Stille in der Kirche, trotz der 50 Menschen die sich dicht im Altarraum versammelt haben. Währenddessen herrscht im Garten hinter dem Pfarrheim eine ausgelassene Stimmung. Auf Bierbänken sitzen Menschen und trinken die eine oder andere Halbe, stärken sich mit einem der letzten Teller Gulaschsuppe oder greifen zu einem Stück Kuchen – Bienenstich, Streusel- oder Marmorkuchen, die Auswahl ist riesig. Der Frauenverein hat fleißig gebacken, erzählt Köck. Die schlanke, braungebrannte Frau wirkt kurz vor Mitternacht noch so hellwach, wie manche Menschen es den ganzen Tag nicht werden. Und das obwohl sie schon seit sieben Uhr auf den Beinen ist. „Ich hab auch einige Tassen Kaffee getrunken“, sagt sie lachend.
Stockbrot am Lagerfeuer
Pünktlich um halb eins beginnt die Nachtwanderung. Anschließend bleiben fast alle noch beim Lagerfeuer im Garten des Pfarrheims. Gut 30 Meter entfernt vom Feuer findet jetzt eine Sternenführung statt. Durch ein Teleskop sind Jupiter und Saturn zu sehen, auch wenn der Rauch des Lagerfeuers die Sicht auf den wolkenlosen Himmel etwas behindert. Hobbyastronom Peter Frank erklärt bekannte wie unbekannte Sternbilder, etwa den kleinen Delphin.
Köck hat inzwischen ihr dunkles Sommerkleid gegen Jeans und Bluse getauscht. Es ist ein wenig frisch geworden. Nachdem das Thermometer am Nachmittag noch mit Leichtigkeit die 30 Grad überschritt, sind es jetzt um halb drei Uhr nachts nur noch 14 Grad. Aber am Lagerfeuer lässt es sich gut aushalten. Und langsam wirkt die 58-Jährige doch ein wenig müde, auch wenn sie das natürlich nicht zugeben mag. Immer wieder legt jemand einen Stab mit Teig über das knisternde Feuer und das Stockbrot ist jetzt genau die richtige Stärkung. Ein wohliges Gefühl macht sich in der Runde breit. Da macht es auch nichts, dass schon seit gut einer Stunde das Helle ausgegangen ist. Schließlich gibt es auch noch Weißbier. Mal laut und inbrünstig („Marmor, Stein und Eisen bricht“), mal leise und sanft („Streets of London“) wird Gitarre gespielt und dazu gemeinsam gesungen, Zeltlager- Erinnerungen werden wach.
„Dürfen nicht warten, dass jemand kommt“
Diakon Hümmer sitzt noch kurz mit am Feuer, aber gleich muss er die Kirche für die Andacht vorbereiten. Mit so vielen Menschen, besonderes so vielen Jugendlichen, hat er nicht gerechnet. Er freut sich. Dass so viele Junge da sind, ist für ihn auch eine Bestätigung der guten Programm-Mischung. „Wir müssen die Kirchentüren aufmachen, nicht darauf warten, dass jemand kommt, sondern rausgehen zu den Menschen“, analysiert er.
Nach einem letzten „Hey, Pippi Langstrumpf“ am Lagerfeuer ziehen alle in die Kirche. Diese ist fast komplett dunkel, aber jeder Teilnehmer erhellt den Raum mit seiner eigenen Kerze. Ganz so dicht gedrängt wie bei den Taizé-Gesängen ist es im Altarraum nicht, aber die Konzentration ist noch voll da. Schließlich gibt es auch noch einiges zu tun und zu erleben. Eine Sonnenaufgangs-Wanderung in den Nachbarort Atzmannsdorf, ein Orgelkonzert und dann zum Abschluss in knapp vier Stunden noch ein gemeinsames Frühstück.