Garching an der Alz – „Franz, hast du deine Mannschaft schon beieinander?“ Diese Frage richtet Andreas Niedersteiner, Mesner der Pfarrei Garching an der Alz (Dekanat Baumburg), jedes Jahr kurz vor Fronleichnam an Franz Schmidtner. Denn seit 50 Jahren ist der 72-Jährige eisern bei der Fronleichnamsprozession als Himmelträger mit dabei und sorgt auch dafür, dass das „Träger-Quartett“ rechtzeitig komplett ist. „Das ist gar nicht so leicht“, weiß Franz Schmidtner aus Erfahrung, „denn die einen arbeiten als Schichtler, die anderen, die in Frage kommen, haben einen Bauernhof, und da weiß man nie, ob nicht gerade im Stall was los ist. Und viele sind in den Pfingstferien auch im Urlaub.“ Doch jedes Jahr können sich Pfarrer und Mesner darauf verlassen, dass Franz Schmidtner mit drei weiteren Feuerwehrmännern für die Aufgabe des Himmeltragens parat steht. Denn in Garching ist es seit einigen Jahrzehnten Brauch, dass die freiwillige Feuerwehr den goldfarbenen Baldachin über dem Allerheiligsten durch den Ort trägt.
Franz Schmidtner ist gelernter Zimmerer und arbeitete später viele Jahre bei der Bahn. Er wuchs mit vier Geschwistern in einem religiös geprägtem Elternhaus auf. „Als Kind wurde ich mit meinen Geschwistern in alle Sonntagsgottesdienste geschickt. Und auch an den Werktagen war es selbstverständlich, dass ich vor der Schule schon die Messe besucht habe“, erinnert er sich.
Es war daher schon fast vorgegeben, dass er Ministrant wurde und das bereits in der dritten Klasse. Diese Aufgabe, die ihm in der Gruppe immer viel Spaß bereitete, übte er bis zum Ende seiner Schulzeit aus. Danach gliederte er sich an seinem Heimatort in die katholische Jugend ein und wurde auch Mitglied der damaligen örtlichen Kolpingfamilie. Bei den Gottesdiensten wirkte Franz Schmidtner in diesen Jahren als Sammler. Und den Kolping-Mitgliedern oblag damals auch die Aufgabe des Himmeltragens an Fronleichnam.
Mit 22 Jahren erstmals die Prozession begleitet
Als junger Mann von 22 Jahren begleitete er erstmals als Himmelträger die Prozession, und diese Aufgabe ist ihm seit fünf Jahrzehnten geblieben. Auch als anstelle der Kolpingfamilie, die sich in der ersten Hälfte der Siebzigerjahre aufzulösen begann, die freiwillige Feuerwehr das Himmeltragen übernahm. Franz Schmidtner gehörte inzwischen auch ihr an und absolvierte sein Ehrenamt nunmehr in der Uniform der Floriansjünger.
Dass er bei den jährlichen Bittgängen der Pfarrgemeinde in die Nachbarpfarreien und in den 15 Kilometer entfernten Wallfahrtsort Altötting auch über Jahrzehnte regelmäßig die Prozessionsfahne trug, erwähnt der bescheidene 72-Jährige nur ganz nebenbei. Ins Schwitzen ist er bei seinen Aufgaben oft gekommen, der Franz Schmidtner. Sei es an Fronleichnam, wenn die Hitze am Vormittag schon groß war, oder auch, wenn er mit der Prozessionsfahne gegen starken Wind ankämpfen musste.
Seit 2006 „Altministrant“
An den Bittgängen, vor allem an dem nach Altötting, nimmt er inzwischen nicht mehr teil. „Das Alter macht sich halt auch bemerkbar“, begründet er das. Aber Altardienst leistet er noch immer. Seit 2006 steht er als „Altministrant“ gemeinsam mit sechs weiteren Männern der reifen Generation bei Gottesdiensten in den Zeiten zur Verfügung, wenn die jungen Ministranten in der Schule sind. Und dass seine Familie jedes Jahr am Pfingstfest vier bis sechs Pilgern der großen Fußwallfahrt der Legio Mariae von München nach Altötting ein Nachtquartier anbietet, das gehört bei den Schmidtners zur Selbstverständlichkeit.
Auch seine handwerklichen Fähigkeiten setzte Franz Schmidtner schon für seine Heimatpfarrei ein. Durch seinen Beruf als Zimmerer weiß er mit dem Holz umzugehen und fertigte im Laufe der Jahre zwei mobile Altäre, die bei Feldgottesdiensten oder auch an Fronleichnam zum Einsatz kommen.
Das Fundament für die Verbindung zur Kirche wurde bei Franz Schmidtner im Elternhaus gelegt und ist in seinem ganzen Leben nie erschüttert worden. Dabei ist er durchaus nicht das, was gerne als „bigott“ bezeichnet wird. Er ist durch und durch Realist und kann auch manchmal Entscheidungen der Amtskirche nicht ganz nachvollziehen. „Aber Glaube und Kirche sind für mich nicht immer eins“, bringt er seine Ansicht auf den Punkt. Dennoch ist es für ihn wichtig, dass er am Sonntag die Messe besucht.
Enkelin ist in Opas Fußstapfen getreten
Auch seine 66-jährige Frau Mathilde ist eine regelmäßige Kirchgängerin. Die christliche Erziehung, die die Eheleute ihren beiden Kindern Rita (42) und Thomas (48) zuteilwerden ließen, trage Früchte, sagt Franz Schmidtner. Denn auch die Kinder haben den Draht zur Kirche nicht verloren. Der Sohn gehört seit einigen Jahren sogar der örtlichen Kirchenverwaltung an. Und auch bei den zwei Enkelkindern ist schon eine in Opas Fußstapfen getreten und Ministrantin geworden. Wichtig für die ganze Familie sind die großen Kirchenfeste wie Weihnachten und Ostern. An diesen Tagen trifft die Familie zusammen und es werden Tradtitonen wie gemeinsames Singen an Heiligabend oder die Überbringung des heiligen Lichtes aus der Osternacht gepflegt. Der Besuch der Christmette und der Osternacht beziehungsweise der Weihnachts- und Ostergottesdienste sind dabei fester Bestandteil der Familienbräuche.
In schwierigen Situationen mehr gebetet
Franz Schmidtner ist als „g’standnes Mannsbild“ immer gut durchs Leben gekommen – und das mit „Gottes Hilfe“. „In schweren Lebenssituationen fängt man mehr an zu beten“, meint der Katholik nachdenklich. So suchte er nach der Geburt seiner Tochter, bei der als Neugeborene eine schwere Erkrankung festgestellt wurde, die später geheilt werden konnte, vermehrt Hoffnung und Trost im Gebet. „Manchmal hat man schon das Gefühl, dass ein Schutzengel seine Hand über uns hält und Hilfe von oben kommt.“
Das gesunde Gottvertrauen von Franz Schmidtner lässt ihn im Alltag und auch in Glaubensdingen positiv denken. Angst vor dem „Jenseits“ nach dem Lebensende hat er nicht. „Ich lasse mich überraschen“, verrät er. „Vielleicht geht das Leben in einer Form weiter, die wir uns hier auf Erden nicht vorstellen können.“
Nachfolger gesucht
Doch bis dahin wird Franz Schmidtner noch eifrig als Ministrant die Gottesdienste begleiten und auch als Himmelträger unterwegs sein; auch, wenn er allmählich nach einem Ersatz für das Himmeltragen sucht. Doch im Stich lassen würde er seine Kirche nie. (Rosmarie Anwander)