München – Schon um kurz vor acht Uhr warteten an diesem Sonntagmorgen einige Gläubige voller Spannung vor der noch verschlossenen Pforte der Pfarrkirche St. Maximilian in der Münchner Isarvorstadt. Denn direkt nach der Morgenandacht um acht Uhr ging es los: Pfarrer Rainer Maria Schießler machte sich gemeinsam mit den Pilgern auf die drei Kilometer lange „Wallfahrt“ zum Ostbahnhof, wo sie Münchens erste Bergmesse feierten – auf dem Dach des „Werk 3“. Bereits seit sieben Jahren organisiert der Pfarrer zu Mariä Himmelfahrt kleine Wallfahrten. Ein Hochhaus als Ziel – das war jedoch selbst für ihn neu. „Pfarrer Schießler hat einfach immer so tolle Ideen“, freute sich Gertraud Brandner aus Sendling. Immer schon wollte sie einmal zu einer Bergmesse und jetzt, da sie Rentnerin ist, könne sie es ja endlich mal machen.
Der Weg ist das Ziel
So manchem Autofahrer oder Sonntagsspaziergänger bot sich ein besonderer Anblick, als die rund 100 Wallfahrer über die Reichenbachbrücke, weiter die Straße entlang und über so manche Fußgängerampel marschierten – allen voran Pfarrer Schießler, der durch einen Lautsprecher den Rosenkranz vorbetete. Nach der ersten Station in der Nachbarpfarrei Mariahilf in der Au führte der Weg weiter über die Hochstraße – mit einem wundervollen Ausblick auf die noch etwas verschlafene Stadt. „Alleine schon das gemeinsame Gehen ist ein großes Erlebnis“, befand Andreas Hügner aus dem Stadtteil Au. Nach insgesamt rund 90 Minuten und einer weiteren Zwischenstation in St. Wolfgang war schließlich das Ziel erreicht: das knapp 60 Meter hohe „Werk 3“ am Ostbahnhof.
141 Stufen nach oben
Bevor es die 141 Stufen auf die Dachterrasse zu bezwingen galt, führte Pfarrer Schießler die Pilger erst einmal nach unten, in die Tiefgarage. Erst noch einen Moment in sich gehen und den Vögeln lauschen, empfahl Kirchenpfleger Stephan Alof. Die Vogelstimmen in der Tiefgarage kamen natürlich vom Band – neue Kraft für den Aufstieg brachte die kurze Ruhepause dennoch. Pfarrer Rainer Maria Schießler jedenfalls hatte keine Bedenken, nach den vielen Stufen nicht mehr genügend Puste für die Predigt zu haben: „Ich habe schon so viele Bergmessen hinter mir, inklusive Zugspitze. Wenn ich das Hochhaus nicht packe, dann bin ich wohl fällig für die Rente“, meinte der Geistliche. Maria Willmann ist mit ihrem Mann extra aus Siegertsbrunn nach München gekommen, um dabei zu sein. „Bergsteigen ist nicht mehr so meine Sache, aber ich denke, hier schaff ich das“, sagte sie. Am "Werk 3" schlossen sich den Wallfahrern viele weitere Menschen an, die zur Bergmesse gekommen waren.
Ein ganz besonderes Erlebnis
141 Stufen später wurden die „Bergsteiger“ ordentlich für die Mühen belohnt. Eine Wiese mit Schafen aus Metall, Bierbänke, ein kleiner Altar, eine traumhafte Aussicht über die Stadt – und das alles bei strahlendem Sonnenschein. Perfekte Bedingungen für eine Bergmesse in knapp 60 Metern Höhe. Hier oben ist die Welt noch in Ordnung, konnte man fast meinen – bis Pfarrer Schießler in seiner Predigt unter anderem die besorgniserregenden Entwicklungen im Nordkorea-Konflikt zur Sprache brachte, aber auch auf die Probleme der Kirche, wie etwa den Priestermangel, einging. Auf den Bierbänken und einer großen Treppe drängten sich die rund 200 Menschen dicht an dicht, um Pfarrer Schießlers Worten zu folgen. „Es war ein solch großartiges Erlebnis. Man ist wirklich dem Himmel ein Stück näher“, schwärmte Petra Högele, die am Morgen ganz spontan aus Ingolstadt angefahren war.
Den Standpunkt wechseln
Ob eine Bergmesse nun auf einem echten Berg stattfindet oder nicht, macht für Pfarrer Schießler keinen großen Unterschied. „Von der Aufmerksamkeit her, die man den eucharistischen Gaben zuwenden muss, dass da nichts wegweht, wenn der Wind geht, ist es vollkommen gleich“, meinte der 56-Jährige. Es gehe vielmehr um die Erfahrung, in der Höhe zu sein. Die Dinge von einer höheren Warte zu betrachten und einmal den Standpunkt zu wechseln, darin bestehe der Sinn einer Bergmesse.
Die Pilger durften sich nach dem Gottesdienst auf der Terrasse dann noch über einen Frühschoppen mit Weißwürsten, Brezen und kalten Getränken freuen. Man könne nach so einer Messe doch nicht einfach nach Hause gehen. Man müsse noch ein bisschen zusammenbleiben und gemeinsam eine Halbe trinken, wie das eben katholisch-bayerisch üblich sei, lachte Pfarrer Rainer Maria Schießler. Ein gemütlicher Ausklang in der Mittagssonne – 59 Höhenmeter über der Isar.
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