Vatikanstadt – Bischof Erwin Kräutler ist in diesen Tagen eine Schlüsselfigur der Amazonas-Synode in Rom. Er predigt seit Jahrzehnten, dass die Kirche die Indigenen und ihren Lebensraum nicht nur gegen Goldsucher und internationale Konzerne verteidigen müsse, sondern dass sie auch von ihnen lernen könne. Das viel diskutierte Gemisch von "amazonischem" und katholischem Denken und Beten hat der aus Österreich stammende Träger des Alternativen Nobelpreises schon lange gefordert und gefördert. Bei ihm fließen ökologische Politik und Theologie, Respekt für die anderen Geschöpfe und naturreligiöses Denken auf neue Weise ineinander. Katholische Traditionalisten sehen das als Gefahr für den reinen Glauben, andere halten es für die Zukunftsoption der Kirche im Zeitalter der globalen ökologischen Krise.
Strittiges Papier
Kräutler (80) hat mehr als drei Jahrzehnte die riesige Urwald-Prälatur Xingu geleitet. Als Vizepräsident des internationalen Amazonas-Netzwerkes "Repam" hatte er seit 2015 entscheidenden Einfluss auf die Vorbereitung der Synode, die an diesem Wochenende zu Ende geht. Als Kräutler sich wenige Tage vor Abschluss der Versammlung kritisch über die vorläufigen Inhalte des geplanten Schluss-Dokuments äußerte, war das ein Alarmsignal. Denn Kräutlers Stimme hat auch deshalb Gewicht, weil er zu den von Papst Franziskus geschätzten Ko-Autoren der Umwelt-Enzyklika "Laudato si" zählt.
Mit seiner Kritik bezog sich Kräutler auf einen 36 Seiten umfassenden Text, den der brasilianische Kardinal Claudio Hummes der Generalversammlung zu Beginn der letzten Synodenwoche vorstellte. Dieses Papier enthielt, so mutmaßten die Kritiker, zu viele von der vatikanischen Kurie vorgefertigte Passagen. "Der Text spiegelte bei weitem nicht das wider, was wir diskutiert haben", merkten Teilnehmer empört an.
Ökologie und Rolle der Frau
Für kurze Zeit stand die Drohung im Raum, die Synodenversammlung könnte die Abstimmung über das Papier aus Protest verweigern, doch dann setzte sich der Vorschlag durch, es mit Korrekturen und Ergänzungen zu versuchen. Mehrere hundert Änderungsvorschläge gingen ein. Aus dem Potpourri der Themen ragen drei besonders heraus.
Auf dem Gebiet der Ökologie gab es zwar Konsens bei der Forderung nach einer aktiveren Rolle der Kirche, doch war umstritten, wie politisch sie sein solle - etwa bei Aktionen gegen demokratisch gewählte Regierungen. Ein weiteres Thema war die Rolle der Frau in der Kirche - und insbesondere die Frage, wie neue weibliche "Dienstämter" aussehen könnten. Von einem stärkeren Mitspracherecht in der Gemeindeleitung über ein Diakoninnenamt bis hin zu ordinierten weiblichen Gemeindeleiterinnen reicht der Bogen dessen, was diskutiert wurde.
Kirchenrechtliche Eigenständigkeit
Daneben kam die Idee eines "amazonisch-katholischen Ritus" zur Sprache. Unklar war, ob dieser Vorschlag über die Anerkennung besonderer ritueller Ausdrucksformen hinaus auch kirchenrechtliche Konsequenzen haben sollte: Etwa indem ein eigener "Ritus" anlog zu dem der Ukrainer, Maroniten und anderer Regionalkirchen geschaffen würde. Deren Bischöfe pflegen nicht nur eigene liturgische Traditionen, sie dürfen auch eine gewisse kirchenrechtliche Eigenständigkeit beanspruchen.