Vor kurzem habe ich eine Sabbatzeit in Jerusalem beendet. Drei Monate lang konnte ich das Heilige Land bereisen, Abstand gewinnen, auftanken, die Seele baumeln lassen, wie man so sagt, „meine Batterien“ aufladen, leben, was ich anderen gerne predige: Reduktion und Entschleunigung! Es war eine erholsame, eine segensreiche Zeit.
Um ehrlich zu sein: Ich hätte es noch länger ausgehalten! Zurückgezogen nach München hat es mich nicht wirklich. Aber der Flug war gebucht. Und irgendwann musste ich ja in den Alltag zurück. Finde ich wieder hinein? Und wie? Das beschäftigte mich in den letzten Tagen, als ich mich noch zu den Benediktinern in der Dormitio-Abtei auf dem Zionsberg zurückzog. Ein Wort aus dem Matthäusevangelium fiel mir dort auf: „Kommt alle zu mir, die ihr euch plagt und schwere Lasten zu tragen habt. Ich werde euch Ruhe verschaffen.“ (Mt 11,28)
Vergleiche können manchmal ein Aha-Erlebnis auslösen, weil sie Gewohntes in neuem Licht erscheinen lassen, allzu Bekanntes vielleicht hinterfragen. Die revidierte Einheitsübersetzung lautet: „Kommt alle zu mir, die ihr mühselig und beladen seid! Ich will euch erquicken.“ In der Übersetzung des Tübinger Theologen Fridolin Stier († 1981), die sich eng an den griechischen Urtext hält und stilistische Eigenheiten nicht glättet, liest sich das so: „Heran zu mir alle, ihr Mühenden und Überbürdeten: Ich werde euch aufatmen lassen.“
Da bekommt die Verheißung Jesu ganz neue Konturen: Ich werde euch aufatmen lassen … Da schwingt Sehnsucht mit. Ein Lebensnerv ist getroffen.