Berchtesgaden – Trauerfeiern waren auf dem Land stereotyp – und damit gleich für jeden – in der Form und tröstend in der Wirkung: Das Trauergespräch mit dem Pfarrer, das „Wachen“, der Sterberosenkranz, und meist drei Tage nach dem Tod das Requiem mit vielen Gläubigen in dezentem Schwarz oder mit Tracht. Der feierliche Gesang des Chores und auf dem Friedhof die vertrauten Texte, Gesänge und Rituale. Wie oft erlebte ich dies als Ministrant! Auch heute sind diese traditionellen Rituale, Frucht geronnener Erfahrungen aus Jahrhunderten, weithin üblich.
Doch schreitet auch auf dem Land die Auflösung der traditionellen Trauerrituale voran. Individualismus, mangelnde Vertrautheit mit kirchlichem Leben oder auch „Vorbilder“ aus den Medien greifen Raum. Der Erstkontakt erfolgt über das Bestattungsinstitut. So professionell dort die Angehörigen auch betreut werden, fehlt doch zuweilen das Basiswissen um die Theologie christlicher Trauerkultur. Und doch werden grundlegende Fragen über die Gestaltung der Trauerfeier entschieden: Erdbestattung oder Kremation? Ein Sterberosenkranz – eh ein „alter Zopf“ und „nicht gewünscht“!
Requiem ist purer Stress
Das Requiem – noch der Normalfall – wird auch am Land immer mehr als überflüssig erachtet und stellt für die mit Liturgie fremdelnden Anverwandten in der ersten Reihe puren Stress dar. Da ist eine Trauerfeier in der Aussegnungshalle einfacher und „reicht doch auch“! Der Zeitpunkt der Urnenbestattung richtet sich nach dem Terminplan der Familie: schließlich sind Urlaube gebucht! So ist manchmal schon lange wieder Alltag und der Todesfall irgendwie immer noch nicht erledigt. Die Individualisierung zeigt sich deutlich an den musikalischen Vorstellungen – gottesdienstliche Tauglichkeit ist dabei maximal ein Kriterium!
Auf Qualität achten
Die Gestaltung einer würdigen Beerdigung ist seelsorgerlicher Ernstfall und Chance zugleich, weshalb auf Qualität zu achten ist. Die Erdbestattung ist nicht nur aus Sicht der christlichen Auferstehungshoffnung der Kremation vorzuziehen, macht doch das Absenken des Sarges den Abschied deutlicher als die Urne im kleinen Erdloch. Der Sterberosenkranz ermöglicht denjenigen, die an der Beerdigung nicht teilnehmen können, ihre Anteilnahme durch das Mitbeten zum Ausdruck zu bringen. Es gilt beim Trauergespräch klar zu machen, dass jeder katholische Christ ein Recht auf eine Totenmesse hat.
Ein musikalisch einfühlsames und liturgisch würdig gestaltetes Requiem, in dem neben biographischen Aspekten auch die christliche Auferstehungshoffnung durch die Taufe zum Tragen kommt, tröstet und eröffnet eine Perspektive aus der Trauer. Die Exsequien beeindrucken in ihrer Ehrlichkeit um die Gebrechlichkeit menschlicher Existenz in der Hand Gottes. Die bewährten Trauerrituale sind nicht mehr selbstverständlich, können aber in ihrer Güte und Sinnhaftigkeit im Todesfall wieder verständlich gemacht werden. Das ist eine enorme Chance der Evangelisierung. (Monsignore Thomas Frauenlob, Dekan des Dekanats Berchtesgaden und Leiter des Pfarrverbands Stiftsland-Berchtesgaden)
Wie sieht die Begräbniskultur in der Großstadt aus? Lesen Sie zur Gegenüberstellung den Bericht "Beisetzungen im 45-Minuten-Takt" von Detlef Kahl, Dekan des Dekanats München-Forstenried und Leiter des Pfarrverbands Mittersendling.