Brannenburg – Manchmal klingelt bei Pfarrer Helmut Kraus das Telefon und der Anrufer ist in den Niederlanden oder in Belgien zu Hause. Dann hat wieder ein Brautpaar die wildromantisch gelegene kleine Kirche auf dem Wendelstein entdeckt und will unbedingt dort oben heiraten. Das der Gottesmutter Maria geweihte Gotteshaus auf dem Wendelstein ist, anders als die Zugspitzkapelle, nämlich eine echte Kirche.
Technisch gesehen ist eine Hochzeit dort oben nicht unbedingt ein Problem, sagt der Seelsorger. Denn die Hochzeitsgesellschaft muss sich nicht die gut vier Stunden Gehzeit auf den Gipfel antun: eine Zahnradbahn fährt hinauf und mit der kann der Pfarrer auch transportieren, was er für eine Eheschließung braucht. Besonders praktisch ist, dass ein Brautpaar zuerst im Wendelsteinhaus standesamtlich heiraten und dann zur Kirche hinüberspazieren kann. So sind es etwa 10 Trauungen, die der Brannenburger Pfarrer hoch über dem bayerischen Voralpenland vornimmt. Das Kirchlein liegt auf dem Gebiet des Pfarrverbandes Brannenburg-Flintsbach, auch wenn oben auf dem Gipfel die Grenze zwischen den Landkreisen Rosenheim und Miesbach verläuft.
Manchmal wird aus der Hochzeits- eine Bergpredigt
Natürlich schaut sich der Pfarrer an, wer da mit dem etwas ausgefallenen Hochzeitswunsch zu ihm kommt: „Meistens sind es Menschen, für die die Berge eine besondere Bedeutung haben. Etwa, weil sie von einem Urlaub geprägt sind oder weil sie durch ihre Hobbies eine große Nähe zu den Bergen haben.“ Da kann es schon mal vorkommen, dass das Brautpaar (und auch die halbe Hochzeitsgesellschaft) in schweren Bergschuhen vor dem Altar steht. Und dass Pfarrer Kraus sich in seiner Predigt Anleihen aus dem Alpinismus nimmt. Dann spricht er von „aneinander binden“, „sich gegenseitig Halt geben“, aber nicht „aneinander ketten“ – denn so manche Ehe verläuft ja tatsächlich wie eine lange Bergtour: mit Höhen und Tiefen, wundervollen Momenten, aber auch gefährlichen Stellen, mit Erschöpfung, mit dem Vorwärts- und Zurückschauen.