Tel Aviv – Eigentlich wollte er das alles gar nicht, und er hat sich lange erfolgreich gewehrt. Dann traten Gott und seine Frau Dana in sein Leben und alles wurde anders. Tom Franz, heute Deutscher und Israeli, ist Israels wohl bekanntester Koch, der es zum Masterchef gebracht hat und zwischen Köln und Tel Aviv pendelt. Zu Hause ist er aber – daran lässt er keinen Zweifel – in Israel. TV-Reality- Shows waren ihm schon in Deutschland ein Gräuel. Vor laufender Kamera wettbewerbsmäßig zu kochen war für ihn unzumutbar. Bei den ersten zwei Staffeln „Masterchef“ im israelischen Fernsehen wehrte er sich noch. Dann bekam seine Frau, die im TV-PR-Geschäft ihr Geld verdiente, das erste Kind unter lebensbedrohlichen Umständen. Als sich Dana davon erholt hatte, kam der Befehl beim häuslichen Abendessen: Tom, in der dritten Staffel „Masterchef“ machst Du mit. Er gehorchte und gewann.
Die Juristerei langweilte ihn
Wenn der 46-jährige Tom heute über die Märkte in Tel Aviv schlendert, wird er um Tipps für schmackhafte Saucen gebeten und nicht selten um ein Autogramm. Der studierte Jurist aus Köln, der beide Staatsexamina bestand, erkannte während der Referendarzeit, dass die Juristerei ihn langweilt, das Judentum aber zog ihn an. Bereits als Austauschschüler kam er erstmals nach Israel, später absolvierte er seinen Zivildienst in einem Altenheim im Heiligen Land. Irgendwann bat er den Rabbi von Köln um ein Gespräch: Wie kann ich zum Judentum übertreten? „Am besten in Israel“, riet ihm der jüdische Geistliche und Tom befolgte den Rat.
Er ließ sich in Israel im Krankenhaus beschneiden und beantragte danach eine Arbeitsgenehmigung, denn er musste sich auf dem langen beschwerlichen Weg vom Katholiken zum Juden schließlich über Wasser halten. Genau das verweigerte ihm zuerst die israelische Bürokratie und auch die Rabbis, die er um den Übertritt bat, waren alles andere als hilfsbereit. Trotz aller Hindernisse war er nach zweieinhalb Jahren am Ziel. Die fünf Bücher Moses, die Bücher der Propheten und die Schriften der Weisen wurden ihm vertraut. Er durfte mit seiner Körpergröße von 1,95 Meter und einem selbstgewählten „cookoo“-Haarzopf in das rituelle Tauchbad, in die Mikve, steigen und wurde in das jüdische Volk mit den Stammvätern Abraham, Isak und Jakob aufgenommen.
Ein Leben nach der Thora
Vier Wochen später verguckt er sich auf dem Rothschild-Boulevard in Tel Aviv in ein schwarzhaariges Mädchen. Und ihr laufen die Tränen über die Wangen, als er sie zum ersten Mal bekocht. So gut und mit so viel Liebe sei sie noch nie zu Tisch gebeten worden. Sie gründen ein jüdisches Heim wie es in der Thora, der jüdischen Bibel, steht, machen sich auf den gemeinsamen Weg die 613 Ge- und Verbote zu beachten. Seither betet Tom dreimal täglich, trägt Kippa und Schaufäden – wie es frommen Juden geziemt – und am Shabbat wird kein Feuer, also auch kein Licht angemacht. Das Auto bleibt in der Garage und das Shabbat- Essen wird am Freitag bis vor Sonnenuntergang vorbereitet. So steht es in der jüdischen Bibel geschrieben, die für Tom und orthodoxe Juden ein Wegweiser für das Leben 365 Tage im Jahr ist und auch das Eheleben weitgehend diktiert. „Das Ergebnis ist täglich zu spüren: meine Frau und ich leben ruhig und sehr zufrieden“, sagt Tom. Inzwischen toben vier Kinder im Alter von sieben bis ein Jahren in der heimischen Wohnung in Raanana bei Tel Aviv. Alle tragen biblische Namen.
Deutscher Ex-Katholik gewinnt Kochshow in Israel
Und wie kann ein Deutscher einen Masterchef-Fernseh-Wettbewerb gegen ausschließlich israelische Gegenkandidaten gewinnen? Das widerspricht allen ausgesprochenen und unausgesprochenen Vorurteilen. Bei der ersten Audition (Vorkochen) entschied er sich für ein Rezept seiner Mutter: Fischforelle gedämpft, mit Kartoffelscheiben und einer Meerrettich-Orangen-Sauce. Die handgeschlagene Mayonnaise-Sauce rundete das Gericht ab. Die Juroren waren begeistert und die Einschaltquoten schossen von 35 Prozent bis zum Finale auf 52 Prozent hoch. Das war mehr als beim Endspiel der Fußball-WM. Seine Optik, seine gewinnende Art kam an, die TV-Verantwortlichen streckten das Format auf 25 Folgen, jede 90 schmackhafte Minuten lang. Der Deutsche Ex-Katholik wurde zum israelischen TV-Koch-Star. Im Finale 2013 behauptete er sich gegen eine jüdische und eine arabische Israelin. Die Sensation war perfekt.
Obendrein räumte er mit dem Vorurteil auf, koscheres Kochen schmecke langweilig und sei keine Gaumenfreude. Er überzeugte Juroren und Publikum vom Gegenteil. Seither hält er Vorträge in Israel, wie man mit Tahina und Humus in der Küche umgeht, erklärt deutschen Gastgebern was Koscher bedeutet: die Trennung von Milch und Fleisch, in den Kochtopf darf nur Fleisch von Wiederkäuern und Paarhufern sowie ausschließlich Fische mit Schuppen und Flossen. So steht es in der jüdischen Bibel, die für den Kölner Konvertiten Tom Franz und seine Frau Dana solange sie leben das Leben bedeuten. (Godel Rosenberg)