München – Mit einem ökumenischen Gottesdienst in Dachau bei München haben Christen am Sonntag an das Eintreffen des ersten NS-Gefangenentransports aus Österreich nach dem so genannten "Anschluss" vor 80 Jahren erinnert. In der Versöhnungskirche der KZ-Gedenkstätte erinnerte der Wiener evangelisch-lutherische Bischof Michael Bünker an das Schicksal der von den Nationalsozialisten Verfolgten, Gefangengenommen und Getöteten.
Demokratie braucht Toleranz der Andersdenkenden
Zugleich rief er dazu auf, Extremismus, Intoleranz, Herabwürdigung und Hass auch heute keinen Platz zu geben. "Demokratie braucht den Respekt, die Achtung und Toleranz der Andersdenkenden", betonte Bünker, der auch Generalsekretär der Gemeinschaft Evangelischer Kirchen in Europa (GEKE) ist. Auf politischer Ebene, in der Ökumene sowie im Verhältnis der Kirchen zum Judentum sei nach der Katastrophe von Nationalsozialismus, Zweitem Weltkrieg und Konzentrationslagern "aus Blut und Tränen Neues entstanden", erinnerte er. Unter anderem seien daraus 1948 "die Menschenrechte erwachsen, die uns heute ein gutes Zusammenleben für alle ermöglichen".
200.000 inhaftierte Menschen
Nach dem "Anschluss" Österreichs an Nazideutschland waren am 1. April 1938 am Wiener Westbahnhof 150 Menschen, unter ihnen Juden und politisch Verfolgte aus der konservativen "Vaterländischen Front" sowie der oppositionellen Sozialdemokraten und Kommunisten, von der Kriminalpolizei an die SS übergeben worden. Tags darauf kamen sie in dem bereits 1933 gegründeten KZ Dachau an, dem ersten durchgängig betriebenen nationalsozialistischen Konzentrationslager. Von den insgesamt rund 200.000 in Dachau inhaftierten Menschen starben bis 1945 nach unterschiedlichen Angaben 30.000 bis 40.000 Personen.
Neben dem Gottesdienst widmeten sich in Dachau mehrere Führungen der Erinnerung an den Österreicher-Transport, in der Versöhnungskirche ist zudem eine Ausstellung über "Österreichischen Widerstand gegen Hitler" zu sehen. Am deutsch-österreichischen Gedenkgottesdienst nahmen auch eine ökumenische Gruppe aus Tirol und der emeritierte katholische Linzer Bischof Maximilian Aichern teil. (kna)