München – Keine Frage: Die Priesterweihe gehört in jedem Jahr zu den religiösen Höhepunkten. Wenn Menschen sich dazu entschieden haben, ihr Leben ganz dem Glauben, Gott zu widmen und diese Entscheidung Wirklichkeit wird, wenn aus jungen Männern Priester werden, ist das ein ganz besonderer Moment. Von „gewöhnlich“ kann hier also eigentlich nie die Rede sein. Und doch wird der 27. Juni 2020 wohl als der Termin einer besonders außergewöhnlichen Priesterweihe in die Geschichte des Erzbistums eingehen. Spärlich gefüllte Kirchenbänke, viel weniger Geistliche als sonst zu dieser Gelegenheit im Chorraum und die ständige Präsenz von Mundschutz und Desinfektionsmittel prägen diese Zeremonie zweifelsohne von Beginn an. Und doch – oder vielleicht gerade deshalb – ist eine ganz tiefe, feierliche Atmosphäre spürbar. Sind die äußeren Rahmenbedingungen auch noch so eingeschränkt: Dem, was sich hier im Münchner Liebfrauendom ereignet, kann auch das schlimmste Virus nichts anhaben.
„Bist du verrückt?“
Den beiden Neupriestern, Andreas Kolb und Jasper Gülden, steht beim Einzug – natürlich im Sicherheitsabstand – Spannung, Aufregung und Vorfreude zugleich in die Gesichter geschrieben. Kein Wunder, stehen sie doch in diesem Moment an der Schwelle einer Aufgabe, die keine geringere ist, als „Zeuge und Werkzeug Gottes“ zu sein, wie Kardinal Reinhard Marx sie in seiner Predigt bezeichnet. „Vielleicht haben manche Freunde gefragt: Bist du verrückt? Weißt du, worauf du dich einlässt?“, mutmaßt der Münchner Erzbischof mit Blick auf die beiden Jungpriester. Das sei schon in seiner eigenen Jugend nicht anders gewesen. Sein Deutschlehrer etwa habe seine Entscheidung, Priester zu werden mit den Worten „Marx, wollen Sie Ihre Talente so verpulvern?“ kommentiert. Von der Gestalt des Priesters gehe dennoch, auch in der Kritik, eine „ungebrochene Faszination“ aus: Er sei „der Mann, der uns von Gott etwas erzählen kann, wonach wir uns sehnen.“