München - Wenn das Diensttelefon tagelang nicht klingelt, wird Cornelia Trejtnar unruhig. Sie leitet das Frauenhaus des Sozialdienstes katholischer Frauen (SkF) im Landkreis München. Durch die Coronapandemie haben es die Opfer häuslicher Gewalt nämlich deutlich schwerer, sich Hilfe zu holen, die sie vielleicht gerade dringend bräuchten: Frauen und ihre Kinder, die Schläge und Brutalität aushalten müssen, und nicht zum Telefonhörer greifen oder eine E-Mail schreiben können. „Vor dem ersten Lockdown hatten wir pro Woche bis zu zehn, manchmal dreizehn Anrufe von Frauen in einer Notsituation.“ Im März und April des vergangenen Jahres rührte sich dagegen fast niemand mehr bei Cornelia Trejtnar. Danach schossen die Anrufe wieder in die Höhe und das Frauenhaus war gefragt wie selten zuvor.
Vorbereitete Hilferufe
Andere Frauenhäuser hätten damals ähnliche Beobachtungen gemacht, so Cornelia Trejtnar. Im Gegensatz zum Frühjahr 2020 sei die Zahl der Hilfesuchenden im zweiten Lockdown fast so hoch wie zu normalen Zeiten. „Aber machen wir uns nichts vor, für Frauen ist es zurzeit viel schwieriger, sich bei uns zu melden, denn die Gefährder sind jetzt ja im Home-Office oder in Kurzarbeit und damit viel mehr zuhause.“ Das bedeutet, dass sie ihre Opfer ständig kontrollieren und sogar bei den Einkäufen begleiten können.
Diejenigen Frauen, die sich zurzeit bei Cornelia Trejtnar meldeten, „haben zwischen den Lockdowns eine Strategie ausgearbeitet und sich auch vorbereitet, einen gewalttätigen Partner gegebenenfalls schnell verlassen zu können “. Gefährdete Frauen, die keine entsprechenden Vorkehrungen getroffen hätten, könnten das unter den akuten Bedingungen der Pandemie jetzt nicht nachholen. „Viele Gefährder enthalten ihren Frauen zum Beispiel bewusst wichtige Unterlagen wie den Personalausweis, Aufenthaltsgenehmigungen oder Lohnsteuerkarten vor“, erklärt die Leiterin des Frauenhauses.