München – "Für Wunder muss man beten, für Veränderungen aber arbeiten" – ein weiser Sinnspruch, der Thomas von Aquin zugeschrieben wird. Diese und ähnliche Sentenzen zum Thema „Veränderung“ – vom scholastischen Kirchenlehrer über Shakespeare bis hin zur ehemaligen britischen Premierministerin Margaret Thatcher – zieren die gelben Postkarten, die Agnes Huber, Pastoralreferentin im Pfarrverband Pasing, und Johannes van Kruijsbergen, Pastoralreferent im Pfarrverband Neuaubing-Westkreuz, aufgefächert in ihren Händen präsentieren. Beide sind 32 Jahre alt und blicken mit Sorge in die Zukunft der katholischen Kirche: „Wir erleben in unserer Arbeit vor Ort eine immer stärker werdende Resignation sowie Frust bei Ehren- und Hauptamtlichen in der katholischen Kirche.“ Die Krise sei da, aber von den Menschen vor Ort höre man nichts. Das soll sich ändern, und daher rufen Huber und van Kruijsbergen zusammen mit einer Gruppe junger Gleichgesinnter aus ihrer Berufsgruppe zur Aktion „#Aufschrei – Seid mutig und laut“ auf.
Hierbei wolle man all jene, „denen noch etwas daran liegt, dass Kirche Zukunft hat, auffordern, ihre Stimme zu erheben“. Das soll mittels besagter gelber Postkarte geschehen. Postkarte in Zeiten von Social Media und E-Mail? „Ja, weil sie auch von jenen Menschen genutzt werden können, die sich mit den modernen Medien nicht so gut auskennen“, sagen die zwei Seelsorger.
Postkarten an Kardinal Marx
Auf der Postkarte kann jeder, der sich von der kirchlichen Protestaktion angesprochen fühlt, jene Missstände, die er in der Kirche besonders schmerzlich wahrnimmt, kurz und bündig formulieren. Ebenso aber auch, welche positive Vision er von Kirche hat. Danach die Karte noch schnell frankieren und ab in den nächsten Briefkasten. Der Empfänger ist kein Geringerer als Kardinal Reinhard Marx.
Der Erzbischof von München und Freising soll auf diese Weise von der Basis einen ungeschönten Einblick in die aktuelle Situation der Kirche erhalten – und diese Rückmeldungen möglichst in der Vollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz (DBK) und ab Herbst im verbindlichen Synodalen Weg von DBK und Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) einfließen lassen. Klar sei daher, dass die Post an den Münchner Oberhirten von Beschimpfungen und Beleidigungen frei sein muss. Ebenso solle jeder Kartenschreiber auch mit seinem vollem Namen unterzeichnen – denn, alte Weisheit, anonyme Post ist keine Post und hilft nicht weiter.
"Hoffnung wird zu Resignation"
„Vor Ort sind die Menschen noch bereit, Teil der Gemeinde zu sein und aktiv mitzugestalten, aber mit der Institution Kirche wollen viele, sogar kirchlich Engagierte, gar nichts mehr zu tun haben. Und die Hoffnung, dass sich etwas ändert, wechselt zu einer Resignation, dass es sowieso nichts bringt, etwas zu sagen, weil es weder gehört noch umgesetzt wird“, heißt es in einem Schreiben zur Aktion.
Bislang sind gut 150 Postkarten im Ordinariat eingetroffen. Die Pastoralreferenten wurden von Amtsseite freundlich eingeladen, die Einsendungen schon einmal nach Schwerpunktthemen zu sortieren. Im Herbst wird die Aktion auch auf den Vollversammlungen der Berufsgruppen der Gemeindereferenten und Diakone präsentiert. Auch da werden Huber und van Kruijsbergen mit ihren Mitstreitern wieder werben: „Seid ehrlich, seid konstruktiv, sprecht mit!“, wie es im Aufruf zur Aktion heißt.
Die Postkarten gibt es an diversen Schriftenständen oder per E-Mail unter Aufschrei-ebmuc@gmx.de