Gräfelfing – Zuerst machte es im Auge und in der Seele klick, danach auf dem Fotoapparat. Ludwig Watteler erinnert sich noch genau, wie er am Silvestertag 2006 unter dem Gipfelkreuz auf der Brecherspitz saß. Er drehte den Kopf nach links oben und war wie elektrisiert von der Perspektive auf den Christuskörper, dem Blick auf den Längs- und den Querbalken, die sich in den Himmel schoben. Aus seinem Rucksack bastelte er schnell ein Stativ, damit die Kamera ruhig stand und drückte auf den Auslöser. Seitdem hat er etwa 80 bis 90 Gipfelkreuze fotografiert, das Motiv lässt ihn nicht los.
Geometrie und Spiritualität
„Es ist zum einem die Geometrie, zum andern das Ewigkeitssymbol“, erzählt der 64-jährige Künstler, der seine fotografische Ausbildung unter anderem in der berühmten Folkwangschule in Essen erhalten hat und heute in Gräfelfing lebt. Halb ist es der künstlerische, halb der mystische Moment, der ihn dabei in Bann schlägt: „Manchmal fühle ich mich richtig empfangen und erwartet.“ Und Watteler zeigt auf einen Abzug, auf dem leicht versetzt vom Gipfelkreuz zwei kleine Federwölkchen zu sehen sind. Ohne sie würde dem Bild eine entscheidende Kleinigkeit fehlen. Viele Betrachter sind davon überzeugt, dass er dieses Detail mit den heute üblichen digitalen Programmen nachträglich eingearbeitet hat. Doch solche Manipulationen lehnt Watteler bei dieser Langzeit-Serie entschieden ab. Die Wölkchen waren tatsächlich da, als er das Kreuz ablichtete.