München – Die neue Idee von Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU), nach dem Streit um seinen Kreuz-Erlass einen Runden Tisch einzuberufen, stößt bei den Kirchen auf große Zurückhaltung. Der Sprecher des Evangelisch-Lutherischen Landeskirchenamtes, Michael Mädler, sagte auf Anfrage, bisher wisse man davon nur aus den Medien. Solange keine offizielle Einladung vorliege, werde sich die Landeskirche nicht äußern.
Bernhard Kellner, Sprecher des Münchner Kardinals Reinhard Marx, sagte der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA): "Es ist gut, wenn man ins Gespräch kommt, am besten immer so früh wie möglich." Der Kardinal habe ja schon gesagt, dass die katholische Kirche Gespräche wünsche. Nun bleibe abzuwarten, "wie sich der Runde Tisch konstituieren soll".
Treffen im Juni?
Am Donnerstagmorgen war bekanntgeworden, dass Söder auch mit Kritikern seines Kreuzerlasses ins Gespräch kommen will. Schon im Juni solle es dazu einen Runden Tisch zu Werten, Kultur und Identität geben, an dem Vertreter von Religionsgemeinschaften, Wissenschaft, Brauchtum und Kultur beteiligt sein sollten, heißt es in Medienberichten, die am Nachmittag von der Staatskanzlei bestätigt wurden.
Der ehemalige CSU-Spitzenpolitiker Alois Glück begrüßte Söders Absicht. Gegenüber der "Augsburger Allgemeinen" sagte er, das helfe "sicher auch, die Situation mit den Kirchen, auch mit Kardinal Reinhard Marx und dem evangelischen Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm wieder zu normalisieren". Es wäre aber "sehr viel besser gewesen, einen breiten Dialog an den Anfang zu stellen", so der einstige Landtagspräsident und Chef des Zentralkomitees der deutschen Katholiken. Der CSU-Ehrenvorsitzende Theo Waigel äußerte in derselben Zeitung die Hoffnung, ein solcher Dialog könnte die Debatte befrieden.
Kreuz-Erlass gilt im Eingangsbereich
Unterdessen fordert auch der Bund für Geistesfreiheit (BfG) eine Beteiligung an dem Runden Tisch. "Es kann nicht sein, dass Vertreter der Religionen in einer zunehmend säkularer werdenden Bundesrepublik auch in diesem Zusammenhang immer weiter privilegiert werden", erklärte die stellvertretende Vorsitzende des BfG München, Assunta Tammelleo.
Das bayerische Kabinett hatte auf Söders Anregung am 24. April beschlossen, dass ab 1. Juni im Eingangsbereich aller Dienstgebäude im Freistaat ein Kreuz angebracht werden soll. Es sei "das grundlegende Symbol der kulturellen Identität christlich-abendländischer Prägung". Die Anordnung wird seither anhaltend kontrovers diskutiert. Auch in den Kirchen gehen dazu die Meinungen auseinander.
Nach einer von der "Augsburger Allgemeinen" in Auftrag gegebenen repräsentativen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Civey in Bayern glaubt eine Mehrheit der Befragten, dass der Kreuz-Erlass Söder politisch eher oder sogar eindeutig schaden wird. Den größten Zuspruch erhält der Ministerpräsident von Anhängern der CSU und der AfD. (KNA)