Regensburg – Es waren denkwürdige Bilder, die sich am Mittwoch in Regensburg zahlreichen Medienvertretern boten: Bischof Rudolf Voderholzer Seite an Seite mit Peter Schmitt und Alexander Probst, zwei der mindestens 422 Opfer von Übergriffen bei den Regensburger Domspatzen. Beide Seiten sitzen seit Monaten fernab der Öffentlichkeit zusammen, um die Vorgänge aufzuarbeiten - und Wege zu finden, damit sich so etwas nie wiederholt. Es sind Gespräche, die offenkundig von Respekt und gegenseitigem Verständnis geprägt sind. Das betonen Bischof wie Betroffene. Voderholzer habe sich "immer konstruktiv eingebracht", sagt Schmitt.
Das Vier-Säulen-Modell
Drei Opfer, Bischof und Internatsdirektor bilden das eingesetzte Aufarbeitungs-Gremium. Nach acht gemeinsamen Treffen hat es nun seinen Zwischenbericht vorgestellt. In den vertraulichen Gesprächen hat das Aufarbeitungsgremium ein Vier-Säulen-Modell erarbeitet:
Säule 1: Es soll zusätzlich eine unabhängige Einrichtung als Anlaufstelle für all diejenigen eingeführt werden, die jene vom Bistum angebotenen Beratungen nicht annehmen wollen. Diese Anlaufstelle bildet das Münchner Informationszentrum für Männer (MIM). Dort bieten psychologisch geschulte Fachkräfte für die Domspatzen-Opfer kostenlose Therapie-Angebote an. Diese Säule entspricht einer dringenden Bitte der Betroffenen.
Säule 2: Anerkennungszahlungen: Sozialpädagogen und Psychologen werten gemeinsam die Unterlagen aus und beurteilen aufgrund dessen, wie schwer der Missbrauch war. Die Höhe der Zahlungen reicht von 5.000 Euro bis 20.000 Euro pro Opfer.
Säule 3: Es wird eine sozialwissenschaftliche Studie bei einem kriminologischen Institut in Wiesbaden in Auftrag gegeben. Gesetzmäßigkeiten sollen erforscht werden, die den Missbrauch gefördert oder zumindest nicht verhindert haben. Die Studie soll außerdem Ergebnisse liefern für noch effektivere und nachhaltigere Präventionsmaßnahmen.
Säule 4: Es wird auch eine historische Studie geben. Diese nimmt die Besonderheiten der Domspatzen-Einrichtung in den Blick. Die zeitgenössische Wahrnehmung und vieles mehr sollen erforscht werden, um möglichst viel Licht ins Dunkel zu bringen.