Herr Bischof Overbeck, an der Aufarbeitung von sexualisierter Gewalt in der katholischen Kirche in Deutschland beteiligt sich auch die Militärseelsorge. Wie viele Fälle von Missbrauch durch pastorale Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in diesem Bereich sind bekannt?
Militärbischof Franz-Josef Overbeck: In meinen zwölf Jahren als Militärbischof gab es bislang vier Anschuldigungen. In einem dieser Fälle haben wir eine Anerkennungszahlung geleistet. Es handelte sich um missbräuchliches Verhalten eines Priesters gegenüber einem jungen Soldaten. Der beschuldigte Geistliche konnte dazu allerdings nicht mehr befragt werden, weil er bereits verstorben war. Ein weiterer Fall konnte nicht mit Fakten belegt werden, ein Fall ist abgeschlossen und ein Verfahren läuft noch.
Die vergleichsweise geringe Zahl liegt daran, dass die Militärseelsorge in der Regel mit Erwachsenen zu tun hat. Im Rahmen unserer Angebote für die Familien von Soldatinnen und Soldaten sowie anderen Mitarbeitenden der Bundeswehr ist aber nicht auszuschließen, dass auch Kinder betroffen sein könnten.
Wäre Missbrauch durch Militärseelsorger an Kindern etwa in einem Auslandseinsatz möglich?
Overbeck: Denkbar ist alles, aber es hat bislang Gott sei Dank noch keinen solchen Fall gegeben. Zumindest ist ein solcher Fall bei uns nicht angezeigt worden.
Inwieweit gab es Fälle aus der Zeit vor ihrem Amtsantritt?
Overbeck: Da kennen wir bislang keine Fälle. Wir lassen derzeit aber alle uns zur Verfügung stehenden Personalakten auf Hinweise dazu überprüfen, zurückgehend bis 1956, als die katholische Militärseelsorge für die Bundeswehr gegründet wurde. Mit einem Ergebnis rechne ich in etwa einem Jahr. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Militärseelsorge in der Führung der Personalakten nicht autonom ist, weil die in der Bundeswehr eingesetzten Priester weiterhin zu ihren Herkunftsbistümern gehören und für die Militärseelsorge sozusagen nur zeitweise ausgeliehen sind.