München – Ein unscheinbarer Eintrag, mit Bleistift auf einer der ersten Seiten eines Buches geschrieben und nur wenige Zeichen lang, ist es, der die innere Warnleuchte bei Stefan Kellner in der Bayerischen Staatsbibliothek auf rot stellt: „G. n. 15“ (hier ein Beispiel) besagt, dass dieses Werk eine Schenkung ist (G eschenk) und der Spender über die Chiffre 15 genau zugeordnet werden kann. Wenn dann die Signatur noch mit einer 40 beginnt, das Buch also im Jahr 1940 und damit während der Nazi-Zeit in den Bestand der Bayerischen Staatsbibliothek aufgenommen worden ist, wird der Experte für NS-Raubgut extrem hellhörig: In dieser Zeit stand die 15 für das damalige Bayerische Kultusministerium. Und oftmals handelt es sich bei den „Schenkungen“ um NS-Raubgut.
Seit 2003 sucht die Bayrische Staatsbibliothek in ihren Beständen nach NS-Raubgut und gibt diese damals enteigneten Werke den rechtmäßigen Besitzern zurück, sofern diese sich noch ermitteln lassen. Dazu, in der Fachsprache heißt dieser Vorgang Restitution“, gehört auch, dass im Katalog der Stabi die Werke verzeichnet bleiben, dort aber darauf verwiesen wird, dass diese jetzt wieder bei den ursprünglichen Eigentümern sind. So wolle man sich der eigenen Geschichte stellen, „und nicht so tun, als wäre das Buch nie bei uns gewesen“, sagt der Leiter des Referats Bavarica Bayerische Staatsbibliothek, Stefan Kellner, bei der feierlichen Übergabe von 67 geraubten Werken im Archiv des Erzbistums München und Freising.