Die Kerze, die Kardinal Reinhard Marx und Karin Kortmann vom Zentralkomitee der Katholiken am ersten Advent im Münchner Dom angezündet haben, soll einem langen Weg voranleuchten: Dem Synodalen Weg, den die deutschen Bischöfe und die gewählten Laienvertreter miteinander beschreiten wollen. Er soll die Kirche aus der Sackgasse herausführen, in der sie spätestens seit dem Bekanntwerden der massenhaften Missbrauchsfälle durch Kleriker steckt. Gleichzeitig befindet sich unsere Gesellschaft in einer noch tiefer sitzenden Glaubenskrise, die von der Kirchenkrise zu unterscheiden ist. Denn viele Menschen finden es immer schwerer, auf einen Gott zu vertrauen, den die modernen Wissenschaften nicht mehr brauchen, um die Welt und ihre Zusammenhänge zu erklären.
Dabei sind auch die Bilder und Vorstellungen von einem persönlichen und der Welt zugewandten Gott verloren gegangen, der mehr ist als nur ein unbestimmbares Lebens- oder Evolutionsprinzip. Die Kritiker des Synodalen Wegs weisen zu Recht darauf hin, dass diese Glaubenskrise nicht durch Weiheämter für Frauen oder eine neu formulierte Sexualmoral gelöst wird. Die Kirche ist aber durch ihre selbstverschuldeten Skandale in ihrer Aufgabe als Verkünderin dieses Glaubens schwer beschädigt. Wer lässt sich von einer Kirche überzeugen, die als nicht vertrauenswürdig, als starrer Machtapparat erlebt wird, in dem nur geweihte Herren bestimmen, wo es langgeht?
Unterschiedliche und doch verbundene Krisen
Deshalb sind beide Krisen durchaus miteinander verbunden. Der Synodale Weg ist ein wichtiger Versuch, aus dem Schatten der eigenen Fehler herauszufinden und wieder in einen tragfähigen Dialog mit den Menschen zu treten, die sich ja oft genug nach religiöser Orientierung sehnen. Umso unverständlicher sind die grundsätzlichen Vorbehalte, die selbst Bischöfe gegen diesen Synodalen Weg vorbringen. Zudem keineswegs ausgemacht ist, dass Weiheämter für Frauen, Machtkontrolle, der Priesterzölibat, eine erneuerte Sexualmoral nur sogenannte strukturelle Themen sind und keine geistliche Bedeutung für die Evangelisation haben. Nun kommt es auf die Debatten und die spürbaren Folgen daraus an.
Energische Befürworter des Synodalen Weges wie Kardinal Reinhard Marx und der Münchner Diözesanratsvorsitzende Hans Tremmel haben es abgelehnt, schon jetzt Forderungen zu erheben. Es wäre ja kein gemeinsamer Weg, wenn sie gleich zu Beginn wüssten, wohin er ganz genau führen soll. Diese Haltung sollte doch eine gemeinsame Route ermöglichen, mit dem Heiligen Geist als Kompass. Denn das ist grundkatholisch, dass die Gläubigen darauf vertrauen, dass Gott selbst seine Kirche begleitet und sie nicht nur Bischöfen, Theologen und dem Glaubensvolk überlässt. Es bleibt zu hoffen, dass mit der am Sonntag entzündeten Kerze für den Synodalen Weg, auch den Gegnern dieses Reformversuchs ein Licht aufgegangen ist.