Geisenhausen b. Landshut – Jede Woche trifft sich Josef Degenbeck mit den Sekretärinnen im Geisenhausener Pfarrhaus, um Tauf- oder Heiratsurkunden durchzugehen und dann rechtsgültig zu unterschreiben. Dafür ist er verantwortlich und er steht für die Richtigkeit gerade. Der 64-Jährige ist nicht der Ortspfarrer und auch kein hauptamtlicher Seelsorger. Der gelernte Industriekaufmann ist Rentner und gehört ehrenamtlich dem Leitungsteam des Pfarrverbandes in der niederbayerischen Marktgemeinde an.
Geisenhausen ist eine Art pastorales Experiment für neue Wege und Leitungsformen im Erzbistum München und Freising, das nun seine ersten hundert Tage hinter sich hat. Ein Team aus drei ehrenamtlichen und zwei hauptamtlichen Mitgliedern führt gleichberechtigt den Pfarrverband mit seinen rund 4.800 Katholiken.
Zeitintensives Ehrenamt
Josef Degenbeck ist manchmal fünf Stunden in der Woche mit seinen Aufgaben beschäftigt, vor den Sommerferien waren es aber auch schnell einmal 20 und mehr Stunden. „Mir war von Anfang an bewusst, dass es ein zeitintensives Ehrenamt ist, aber dass es so zeitintensiv ist, war mir nicht klar“, sagt er. Neben ihm sitzt Inge Neudecker und nickt. Sie ist Verwaltungskraft beim Bayerischen Trachtenverband. Ihr leitendes Ehrenamt, „geht nur durch Absprache mit dem Arbeitgeber“. Sie kann tagsüber Termine wahrnehmen, muss die versäumten Dienststunden aber nachholen.
Die dritte ehrenamtliche Leiterin kann beim Interviewtermin nicht dabei sein: Sabine Fries muss in ihrem Friseursalon die Kunden bedienen. Vor allem die vielen Besprechungs- und Repräsentationstermine haben die Ehrenamtlichen im Geisenhausener Leitungsteam überrascht: bei Gruppen und Arbeitskreisen in der Pfarrei, aber auch bei Terminen der politischen Gemeinde und in den Vereinen am Ort. „Aber sind wir nicht vertreten, dann sind wir auch nicht sichtbar“, erklärt Josef Degenbeck. Gerade das ist dem Team aber wichtig: dass die Pfarreien selbstverständlicher Teil des gesellschaftlichen und religiösen Lebens am Ort bleiben.
Besprechungen und Repräsentationstermine
Darum nehmen sich die Mitarbeiter Zeit, um beim Kindergartenfest genauso dabei zu sein wie beim Feuerwehrabend. Weil die Hauptamtlichen das neben ihren anderen Aufgaben nicht alleine schaffen, sind hier die ehrenamtlichen Leiter gefragt. Das bedeutet auch, sich vorzubereiten, etwa wenn ein Grußwort gefragt ist. Manchmal haben sie den Eindruck gewonnen, dass Vereinsvertreter dann etwas enttäuscht waren. Sie hätten den Priester im Team, den indonesischen Ordensmann Altus Jebada, der gerade auf Heimaturlaub ist, oder die Gemeindereferentin Rosi Bär-Betz erhofft. Ehrenamtliche Vertreter einer Pfarrei, die denselben Stellenwert wie die „Profis“ haben, das sind die Geisenhausener noch nicht gewöhnt. „Wie auch“, sagt Josef Degenbeck, „die kennen das Modell ja auch erst seit hundert Tagen und müssen das zusammen mit uns noch lernen.“