Agatharied – Die Leut’ denken, das is’ eh ganz normal; Pfarrer und Glocken, das passt doch gut z’samm.“ Michael Mannhardt (45), verantwortlicher Seelsorger der beiden Pfarrverbände Miesbach und Hausham-Agatharied, weiß, dass seine Pfarrangehörigen nichts gegen sein „exotisches“ Hobby haben. Er sammelt Glockentöne. Tausende von Kirchengeläuten aus dem oberbayerischen Raum hat er in seinem Tonarchiv. „Glockentöne sind für mich Heimatklänge“, sagt er, „sie schaffen ein heimatliches Gefühl.“
Die Leidenschaft für Glocken begann schon früh in seiner Heimatstadt Traunstein. Die Mannhardts wohnten direkt neben der Pfarrkirche St. Oswald und den kleinen Michael hat der Klang der Kirchenglocken bereits fasziniert. „Ich hab’ immer das Fenster aufg’macht, wenn die Glocken g’läutet hab’n“, erzählt er. Sie klingen mächtig und eindrucksvoll, ein Geläut „mit Charakter“, sodass man es aus Hunderten heraushört. Mannhardt jedenfalls erkennt ein Geläut wieder, mit dem er sich mal beschäftigt hat.
Aufnahmen mit dem Kassettenrekorder
Sein Glockengehör begann er zu schulen, als er als Bub das Zwölfuhrläuten im Radio entdeckte. Seit 1949 sendet der Bayerische Rundfunk ja am Sonntag das Geläut bayerischer Kirchen und der ORF, der in Traunstein gut zu empfangen ist, sogar jeden Tag. Diese Sendungen hat Michael mit dem Kassettenrekorder aufgenommen und gesammelt. Im Zusammenhang mit den Glockentönen hat ihn auch die Geschichte der jeweiligen Kirche und des Ortes interessiert. Er hat gemerkt, da besteht ein Zusammenhang: „Glockengeschichte ist immer ein Abbild der Orts-, Menschen- und letzten Endes Weltgeschichte.“ Über die Glocken sei er ein sehr geschichtsbewusster Mensch geworden, sagt Mannhardt.
Bald hat er selbst angefangen, mit dem Kassettenrekorder Glocken aufzunehmen. Im Lauf der Jahre ist er professioneller geworden. Heute schneidet er die Töne digital mit. Und irgendwann ist der Bayerische Rundfunk auf ihn aufmerksam geworden. Im Jahr 2005 hat er seine erste Sendung für das Zwölfuhrläuten gemacht und auch heute noch nimmt er Glocken auf und schreibt den Text. Es sind hauptsächlich Kirchen in Oberbayern. „Ich bin mehr der alpine Glockenfreund, mir gefällt die alpenländische Glockenkultur. Sie hat eine andere Schattierung als die mittel- oder norddeutsche.“ Bei uns werden die Glocken „hoch“ geläutet, das heißt, sie schwingen höher hinauf, da wird der Klöppel nicht so oft angeschlagen. Das wirkt langsamer, getragener. Und der Dopplereffekt kommt besser heraus, das bedeutet: „Wenn die Glocke zu mir herschwingt, ist der Ton höher, wenn sie wegschwingt, tiefer. ‚Bim-Bam‘ sagen die Kinder.“