München – "Jessas, Maria und Josef" - die ganze heilige Familie fährt der als wortkarg geltende Bayer in der Regel auf, wenn ihn Ereignisse überraschen. Er kenne kaum einen Menschen, der diese drei Worte mit einer "solch ehrlichen, aufrichtigen und bewusst gesetzten Inbrunst" ausgesprochen habe, wie seine Mutter, erinnert sich der Münchner Pfarrer Rainer Maria Schießler. Nach seinem Bestseller "Himmel, Herrgott, Sakrament" 2016 und den Reaktionen, die er damit weithin bekam, konnte für sein zweites Werk nur dieser Titel folgen. Noch wichtiger ist ihm die Unterzeile: "Gott zwingt nicht, er begeistert" - ein Satz seines priesterlichen Vorbilds Elmar Gruber.
"Die Gemeinschaft der Gläubigen wird kleiner"
Zum 1. Oktober kommt das bei Kösel verlegte Buch in den Handel und damit zu einem Zeitpunkt, an dem die Kirche in Deutschland eine schmerzliche Woche hinter sich hat. Schießlers Chef, der Münchner Kardinal Reinhard Marx, bekannte als Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz, die Kirche stehe angesichts des Missbrauchsskandals an einem Wendepunkt. "Die Menschen glauben uns nicht mehr. Wir müssen handeln und dann hoffen, dass man uns wieder vertraut."
Schießler, Jahrgang 1960 und seit 25 Jahren Pfarrer im schillernden Münchner Glockenbach-Viertel, sieht nicht nur darin ein Problem. Die Kirchen seien längst nicht mehr Sammelpunkt in der Mitte der Gesellschaft. "Die Gemeinschaft der Gläubigen wird kleiner und immer weiter an den Rand gedrängt." Auch wenn Schießlers Sonntagsgottesdienste gut besucht sind, so hat auch er sich damit abgefunden, dass nach Erstkommunion oder Firmung nur noch wenige Jugendliche bleiben, etwa als Ministranten.