Freising – Ein Passus in der Geschäftsordnung macht es möglich: Wenn ein Viertel der Freisinger Stadträte mit einer Entscheidung eines Ausschusses nicht einverstanden sind, können sie den Beschluss für das Gesamtplenum reklamieren. So musste der Antrag der Erzdiözese auf die Sanierung des Diözesanmuseums noch einmal diskutiert werden, obwohl der Bauausschuss mit zehn zu vier Stimmen bereits dafür gestimmt hatte. Der Unmut der Mandatsträger entzündete sich vor allem am geplanten Abriss des Anbaus am Diözesanmuseum.
Der achteckige Turm war 1876/77 aus hygienischen Gründen als Toilettenturm an das sechs Jahre zuvor von Matthias Berger geplante Knabenseminar angebaut worden. Stadträte aus den unterschiedlichen Fraktionen argumentierten: Das Oktogon erinnere an den Turm des einstigen St.-Andreas-Stifts, das im Zuge der Säkularisation abgerissen worden war. Es gelte, den „Kirchen-Burg-Charakter“ des Dombergs zu erhalten. Der Anbau korrespondiere außerdem mit weiteren achteckigen Türmen am Amtsgericht und an der Dombibliothek. Er gehöre sicherlich zu den Fixpunkten des Freisinger Stadtbildes.
Fixpunkt der Freisinger Stadtbildes?
Die Befürworter eines Abrisses machten deutlich, dass ein umgebautes Diözesanmuseum ohne Turm dem Original viel näherkomme. In diese Richtung hatte auch das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege argumentiert: Das Oktogon dagegen „verunklärt“ den „klaren Baukörper“. Oberbürgermeister Tobias Eschenbacher (Freisinger Mitte) erläuterte in der Stadtratssitzung am vergangenen Donnerstag mehrmals die rechtlichen Aspekte: Das Gremium könne den Bauantrag aus rechtlicher Sicht nicht ablehnen, da das Landesamt für Denkmalpflege den Plänen zugestimmt habe. Auch der gesamte Stadtrat habe ihn lediglich baurechtlich zu beurteilen. Immer wieder war von einer „Ermessensentscheidung“ die Rede, bei der eben nicht nur Aspekte des Denkmalschutzes ausschlaggebend sein dürften.
Der Oberbürgermeister machte deutlich, dass er bei einer Ablehnung den Beschluss beanstanden müsse. Unter Umständen würde die Aufsichtsbehörde eingeschaltet und der Erzdiözese bleibe immer noch der gerichtliche Weg offen. Am Ende der fair geführten Diskussion stand die Abstimmung: Mit 20 zu 17 Stimmen lehnten die Freisinger Stadträte den Bauantrag ab.
Enormer Verlust an Zeit und Geld
Bernhard Kellner, Pressesprecher der Erzdiözese, stellt auf Anfrage der Münchner Kirchenzeitung fest: „Die Planung für das Diözesanmuseum hat in den letzten eineinhalb Jahren ohne den Erker stattgefunden. Wenn er jetzt beibehalten werden muss, müssen wir von vorne beginnen. Dies bedeutet einen enormen Verlust an Zeit und auch Geld. Die Erzdiözese behält sich vor, auf Basis dieses Beschlusses die komplette Investition auf dem Domberg zu überprüfen.“ (Markus John)
Über die Planungen des Erzbistums rund um den Freisinger Domberg informiert online die Internetseite www.domberg-freising.de