München – „Alles ist grau, alles kalt, ab und zu schemenhafte Umrisse von riesigen Gebilden, Ungetümen, Monsterbergen.“ Eigentlich ist Tiziana eine ganz normaler Teenagerin. Doch immer öfter macht sich eine tiefe Leere in der 16-jährigen breit. Sie kann sich an nichts mehr freuen, zieht sich immer mehr zurück. Schließlich findet sie nicht einmal mehr die Kraft, in die Schule zu gehen und gerät in einen Strudel aus Antriebslosigkeit und Selbstvorwürfen. Tiziana leidet an Depressionen. Das junge Mädchen ist die Protagonistin aus Juliane Breinls Jugendroman „Graue Wolken im Kopf“, den die Autorin bei einer Lesung in der Buchhandlung Lesetraum des Sankt Michaelsbundes vorgestellt hat. Begleitet wird die Veranstaltung von Iris Berendes, Kinder- und Jugendpsychotherapeutin in Ausbildung.
Selbstvorwürfe und Schuldgefühle
Depressionen seien auch heute noch ein Thema, über das in der Gesellschaft nicht gerne gesprochen wird. Gerade bei Jugendlichen neige man schnell dazu, die schwere Krankheit zu verkennen, und den verstärkten Rückzug der Betroffenen auf pubertäre Verstimmungen zurückzuführen. Doch woran können Eltern feststellen, dass den Verhaltensweisen ihrer Kinder eine Erkrankung und nicht einfach eine adoleszente Verstimmung zugrunde liegt? „Kritisch wird es, wenn man merkt, dass sich die Verstimmung auf alle Lebensbereiche ausweitet und man an gar nichts mehr Spaß hat. Typisch sind auch Selbstvorwürfe und Schuldgefühle der Betroffenen“, berichtet Iris Berendes. Viele Jugendliche schämten sich für ihre Gefühle und hätten Angst, als „Psycho“ abgestempelt zu werden, weshalb sie sich immer mehr zurückzögen.
Professionelle Hilfe
Depressionen, erklärt Juliane Breinl, seien ein „ganzkörperliches Erlebnis“ und mit einem dauerhaften Schmerz zu vergleichen. Bei dem Verdacht auf eine Erkrankung solle man in jedem Fall professionelle Hilfe in Anspruch nehmen. „Eine erste Anlaufstelle ist die ambulante Kinder- und Jugendpsychiatrie. Dort wird die Diagnostik durchgeführt und entschieden, ob der Betroffene einen Therapieplatz bekommt. Im nächsten Schritt wird dann entschieden, ob die Krankheit mit Medikamenten oder durch eine Gesprächstherapie behandelt wird.“
Dass Juliane Breinl ihr neuestes Buch ausgerechnet dieser speziellen Thematik gewidmet hat, ist kein Zufall. Ihre Tochter Antonia war mit 16 Jahren an einer Depression erkrankt. Mit professioneller Unterstützung gelang es Antonia, ihre Krankheit in den Griff zu bekommen. Die Autorin weiß allerdings, wie schwierig es für Eltern ist, mit den betroffenen Jugendlichen umzugehen. „Es ist wichtig, einfach mal den Druck rauszunehmen, nicht zu hinterfragen, wer schuld ist oder wie lange sich die Erkrankung noch hinziehen wird. Auch wenn das schwer ist. Man sollte dem Kranken zeigen, dass er wertvoll ist, so wie er ist.“ (Katharina Zöpfl)