In den biblischen Weihnachtsgeschichten werden die Weisen aus dem Morgenland von einem strahlenden Stern nach Bethlehem zum neugeborenen König der Juden geführt. Wenn man genau hinschaut, spielt der Stern aber nur eine kleine Rolle am Rand, eine eher symbolische. In der christlich geprägten Kultur gilt er freilich bis heute als ein zentrales Weihnachtslogo. Der leuchtende Himmel über der Krippe signalisiert, dass sich damals in Bethlehem etwas Weltbewegendes abgespielt hat, etwas, das den Kosmos und die Geschichte veränderte.
Bibel spricht nicht von Königen
Der Evangelist Matthäus erzählt von sternkundigen Magiern aus dem Orient, die plötzlich in Jerusalem auftauchen, nach einem neugeborenen König fragen und damit für Verwirrung sorgen. Wer sind diese Magier überhaupt gewesen? „Weise Männer“ heißen sie in den einen Bibelübersetzungen, „Sterndeuter“ in anderen. Der Begriff „Magier“ bezeichnete damals oft einen persischen Priester oder Prinzenerzieher – mit Geheimwissen ausgestattet und in heiligen Offenbarungen bewandert. Bibelwissenschaftler sehen die Sternkundigen eher in Babylon beheimatet, denn dort gab es vitale jüdische Exilgemeinden, und in Babylon blühte die Astrologie. Dass es sich um Könige gehandelt habe, wie unsere Krippendarstellungen vermuten lassen, davon steht kein Wort in der Bibel.
Trost für das Volk Israel
Von kostbaren Geschenken ist freilich die Rede – und ist nicht auch das Kind in der Krippe ein zukünftiger König? „Völker wandern zu deinem Licht“, kündigen uralte biblische Prophezeiungen an, „und Könige zu deinem strahlenden Glanz.“ Historisch betrachtet, klingt die Geschichte von den Magiern ziemlich unwahrscheinlich. Was wollten die frühchristlichen Gemeinden, in denen die Geschichte von den Sterndeutern entstand und weitererzählt wurde, eigentlich sagen? Nicht die Umstände der Geburt Jesu hätten sie interessiert, erläutern die Bibelexperten, sondern der Trost für das geknechtete Volk Israel und die Christusverkündigung: Schon das Kind in der Krippe sollte als Friedenskönig und Erlöser vorgestellt werden. Matthäus habe zusätzlich die verachteten Heiden aufwerten wollen: Wie man an den Sternkundigen sehen kann, suchen auch die Heiden die Wahrheit und werden von Gott geleitet.
Vor allem aber folgt die Geschichte dem beliebten antiken Erzählmuster von der wundersamen Rettung gefährdeter und verfolgter Königskinder: Augustus, Alexander der Große, Kyrus, Mose – immer dieselbe Legende von einem um seinen Thron fürchtenden, blutige Gewalt ausübenden Machthaber und von himmlischen Mächten, die solche Pläne durchkreuzen und den künftigen Herrscher vor dem Tod bewahren. Dazu kommt das Motiv des Sterns – in der Antike ein allgemein verständliches Symbol, um königliche Ansprüche anzuzeigen. Mit der Geburt eines großen Menschen erscheint ein neuer Stern am Himmel.