Der Familienpate
Ich bin verheiratet und habe drei Kinder im Alter von vier, sechs und acht Jahren. Zu fünft leben wir auf 78 m2. Mein Mann arbeitet im Sicherheitsdienst im Schichtdienst und ist dadurch wenig zu Hause. Mit drei Kindern, Haushalt und Arbeitssuche habe ich immer viel zu tun. Gerade unser Ältester ist sehr aufgedreht und braucht immer Beschäftigung. Und dann kam auch noch Corona mit all den bekannten Einschränkungen obendrauf.
Über einen längeren Weg fanden wir das Angebot der Familienpaten vom Sozialdienst katholischer Frauen München e.V. Das sind Personen, die Familien in verschiedenen Aufgaben unterstützen. Bei uns geht es um die Unterstützung und Entlastung von mir. Damit ich auch einmal als Mutter bzw. Hausfrau durchatmen kann. Mir war wichtig, dass diese Person, die zu uns in die Familie kommt, auch wirklich zu uns passt. Unser Familienpate ist selbst Vater von drei jugendlichen Söhnen, bringt also ordentlich Erfahrung mit. Er kommt einmal in der Woche und nimmt die Kinder mit auf den Spielplatz. Oder er holt ab und zu die Kleinen vom Kindergarten ab, macht mit dem Großen Hausaufgaben oder werkelt mit ihm an seiner Kinderwerkbank an mitgebrachten Holzresten. Auch bei gemeinsamen Ausflügen tut es gut, einen weiteren Erwachsenen dabei zu haben. Wir haben unseren Paten in die Familie aufgenommen, für die Kinder ist er wie ein Onkel.
Für Menschen in ähnlich herausfordernden Situationen wünsche ich mir, dass Hilfsangebote wie das Projekt der Familienpaten öffentlich bekannter wären. Jeder kommt einmal an den Punkt, an dem er Hilfe braucht. Auch wenn die Suche manchmal länger dauert, sollte man sich Unterstützung suchen, wenn man sie braucht. (Christina, 31, aus München)
Der Mitbruder
Am Weg Jesu: Veronika. Und Simon von Zyrene. Sie sehen, was andere sehen. Aber sie bleiben keine Voyeure. Sie tun. Sie packen an. Simon lässt sich von Soldaten das Kreuz aufladen, als die merken: Der Gefolterte schafft es nicht allein, möglicherweise stirbt er, bevor sie ihn ans Kreuz nageln können.
Oktober 2004, dreißigtägige Exerzitien, mitten im Indian Summer, in einem Retreat House an der Atlantikküste von Massachusetts: Damals habe ich mich in einer großen Krise intensiv mit Simon beschäftigt. Gefragt, ob ich … Jesus das Kreuz nachtragen? Ein Jesuit muss diese Frage stellen! Bis dahin, 19 Jahre lang, hatte ich das nicht getan. Compassion, Empathie: große Worte! Aus Substantiven müssen Verben werden. Zum Tun werden Christen angeworben!
Als ich nach einer mehrstündigen Operation im Januar 2018 aufwachte, war mein Mitbruder Karl Kern zur Stelle. Wortlos. Er hat einfach meine Hand gehalten. Später hat er sich, als es nach meiner Rückkehr nach St. Michael massive Probleme gab, um halb drei Uhr nachts aus dem Bett rufen lassen, um mir, hilflos wie ein Kind, zu helfen. Er wurde mein Simon. Nicht nur ein Mal. (Andreas Batlogg, Jesuit, Theologe und Publizist)