Nächstes Jahr ist es wieder so weit: Die Oberammergauer werden ein halbes Jahr lang Ostern feiern. Fast täglich werden sie auf ihrer Bühne Jesus ans Kreuz begleiten, um ihn im Schlussakt als den Auferstandenen zu feiern. Spielleiter Christian Stückl hat sich bereits für zwei Jesusdarsteller entschieden. Einer der beiden darf sogar bereits zum zweiten Mal der Christus sein. Nachdem am Aschermittwoch der „Haar- und Barterlass“ ergangen ist, werden sich die Mitwirkenden auch äußerlich mehr und mehr ihrer Rolle angleichen. Wichtiger als das Outfit ist freilich die Frage, wie sie die „größte Geschichte aller Zeiten“ interpretieren wollen.
Kein altes Stück aufwärmen
Als Vorbereitung darauf werden die Hauptdarsteller sogar nach Israel reisen. Die heiligen Stätten sollen sie inspirieren, denn am Ende soll der „Jesus 2020“ wieder ein anderer sein als zehn Jahre davor. Die Macher wollen kein altes Stück aufwärmen und sie sind nicht mehr dieselben wie 2010.
In einem Zeitraum von zehn Jahren verändert sich nicht nur der Blick auf die Welt. Auch die Fragen, die Menschen umtreiben, verändern sich: Manche sind beantwortet, andere werden unbedeutend, wieder andere umso drängender. Wer Jesus auf die Bühne bringen will, kommt an einer Frage nicht vorbei: Wer ist dieser Jesus? Wollte man das Thema nur historisch beantworten, dann könnte daraus keine „Passion“ werden. Die Fragestellung, die die Oberammergauer gerade umtreibt, geht tiefer: Wer ist dieser Jesus für mich?