Von München nach Rom mit dem Rad

Missbrauchsbetroffene treffen Papst Franziskus

10 Tage waren sie mit dem Rad unterwegs, dann war es soweit: Missbrauchsbetroffenen aus dem Erzbistum München und Freising haben in Rom Papst Franziskus getroffen. Neben einem Kunstwerk übergaben sie ihm auch einen Brief, der eine deutliche Forderung an ihn beinhaltet.

Richard Kick, Sprecher des Betroffenenbeirats im Erzbistum München und Freising, übergibt Kunstwerk "Heart" an Papst Franziskus. © Kiderle

Bei der Begegnung mit Papst Franziskus auf dem Petersplatz überreichte die Pilgerradgruppe ihm das Kunstwerk „Heart“ von Michael Pendry und einen Brief. „Die Opfer von Missbrauch und Gewalt aus dem Erzbistum München und Freising kommen Ihnen, Heiliger Vater, mit offenen und zugleich verwundeten Herzen entgegen“, heißt es darin. Das Kunstwerk zeigt aus Stäben, vergleichbar mit vielen verwobenen Gittern ein Herz, welches auf einem festen Stein steht. Die Betroffenen schreiben in Ihrem Brief weiter, dass das Herz-Kunstwerk widerspiegelt, wie es in deren Herzen aussehe: Sie seien gebrochen, durchlässig, kantig und verwundet. Das Kunstwerk zeigt aus Stäben, vergleichbar mit vielen verwobenen Gittern ein Herz, welches auf einem festen Stein steht.  Sie erklären, dass sie gezeichnete Menschen seien, die nicht darüber hinwegsehen oder sich damit abfinden können, was ihnen angetan wurde: „Bis heute ist der Weg der Heilung eine gewaltige Herausforderung, einige gelingt er unter mühsamen Ringen, für andere ist er - trotz allen Mühens und der Sehnsucht danach - nicht möglich.“

Die Anlauf- und Beratungsstelle für Betroffene von sexuellem Missbrauch des Erzbistum München und Freising ist von Montag bis Freitag jeweils von 9-12 Uhr und außerdem am Dienstag und Mittwoch jeweils von 16-19 Uhr unter 089/2137-77000 zu erreichen.

Aus der Sicht der Pilgerinnen und Pilger sind bereits Anfänge gemacht worden, aber das reiche nicht aus. Es sei notwendig, dass es auch in Zukunft klares und starkes Engagement aller Verantwortungsträger innerhalb der Kurie und in die Diözesen der Weltkirche gebe. Die Betroffenen erwarten, „dass Sie alles in Ihrer Macht Stehende tun, dass in allen Winkeln der Weltkirche hinein das Thema sexueller wie spiritueller Missbrauch gesehen, aufgearbeitet und durch entsprechend Präventionsmaßnahmen unterbunden wird.“

Papst betet für Radpilgergruppe

Der Papst wirkte von der Begegnung mit der Pilgergruppe sichtlich ergriffen und teilweise sprachlos. Das ihm das Treffen am Herzen lag, zeigte er dadurch, dass er aus dem Rollstuhl aufstand und sich fast zehn Minuten mit den Betroffenen unterhielt. Auf Deutsch bedankte er sich bei Ihnen und sagte, dass die Betroffenen sexuellen Missbrauchs oberste Priorität haben. Zum Schluss dankte er ihnen für ihren Besuch und bat die Pilgerinnen und Pilger für ihn zu beten, so wie er es ebenfalls für die Gruppe tun würde

Emotionale Begegnung mit Franziskus

Nach der Audienz zeigten sich die Pilgerinnen und Pilger der Gruppe bewegt. Darunter der Betroffene Herbert Fuchs: „Mir fehlen die Worte! Ich bin die ganze Zeit am Wasser. Ich weine Tränen, was ich als Kind nie konnte. Ich hoffe, dass das etwas auslöst.“ Für die Zukunft wünscht er sich, dass die Begegnung ihm für sein restliches Lebe weiterhelfe: „Irgendwann muss man das Abschließen können und nach vorne schauen.“ Und auch Robert Kick, der die Reise mit organisiert hat, berührte es, dass der Papst, das Herz gespürt hat. „Das Zeichen der Menschlichkeit, der Liebe ist angekommen.“

Organisiert wurde die Pilgerfahrt unter dem Motto "Wir brechen auf! Kirche, bist du dabei?" von Dietmar Achleitner, Richard Kick und Kilian Semel vom Betroffenenbeirat der Erzdiözese München und Freising. Außerdem beteiligt war Robert Köhler von der Initiative "Wir-wissen-Bescheid.de" des Vereins "Ettaler Misshandlungs- und Missbrauchsopfer". (Pauline Erdmann, Volontärin beim Sankt Michaelsbund)