Zwei wichtige Ereignisse treffen in unserem Erzbistum heuer zusammen: Der von Erzbischof Kardinal Reinhard Marx angestoßene Strategieprozess tritt in seine entscheidende Phase. Und das Erzbistum, so wie wir es heute kennen, wird 200 Jahre alt.
Beim ersten geht es darum, sich „vor dem Hintergrund der ständig fortschreitenden Transformation gesellschaftlicher Zusammenhänge“ den Veränderungen zu stellen und das Wirken der Kirche neu und zukunftsfähig auszurichten. Zum anderen bietet der runde Geburtstag nicht nur Gelegenheit, auf einen epochalen Einschnitt in der bayerischen Kirchengeschichte zurückzublicken, sondern auch über die Entwicklung der Kirche in diesen 200 Jahren und darüber hinaus nachzudenken.
Neujustierung nach Säkularisation
„Erst 200 Jahre?“, mögen manche fragen. Freilich: Wir verehren den heiligen Korbinian als Gründergestalt, und die Vorbereitungen zum 1.300- Jahr-Jubiläum seiner Ankunft in Freising 2024 haben schon begonnen. Jedoch: Das heutige (Erz-)Bistum ist nicht mehr einfach das, an dessen Anfängen der fränkische Wanderbischof stand und das 739 offiziell errichtet wurde. Die alte bayerische Kirchenordnung ist in der Säkularisation von 1802/03 untergegangen. Die bisherigen Fürstbischöfe verloren ihre weltliche Herrschaft. Das Freisinger Territorium wurde dem Kurfürsten von Bayern zugeschlagen. Alle Klöster und Stifte in Bayern wurden aufgelöst.
Als Freisings letzter Fürstbischof Joseph Konrad von Schroffenberg am 4. April 1803 starb, blieb der Stuhl des heiligen Korbinian leer – 18 Jahre lang. 14 davon brauchte es, bis sich der nunmehrige König von Bayern und der Heilige Stuhl auf ein Konkordat zur Neujustierung des Staat-Kirche-Verhältnisses in Bayern geeinigt hatten, vier weitere, bis es wirklich umgesetzt wurde. Im Herbst 1821 ist es endlich so weit: Am 23. September verkündet der päpstliche Nuntius in der Münchner Frauenkirche feierlich die neue Gestalt der bayerischen Kirche. Acht Diözesen gibt es nunmehr im Königreich. Ihre Außengrenzen decken sich mit denen des Staatsgebiets.