Beatrice Bourcier stellt neues Buch vor

Erfahrungsbericht einer Flüchtlingshelferin

Die Not und das Elend der Flüchtlinge sind längst hunderttausendfach in Deutschland angekommen. Viele verspüren den Drang, zu helfen. So auch die Autorin Beatrice Bourcier, die ihre Erfahrungen als Deutschlehrerin in einer Erstaufnahmeeinrichtung schildert. Dabei gibt es zwischen Passagen, die betroffen machen, auch Lustiges zu berichten.

Beatrice Bourcier stellte ihr neues Buch "Mein Sommer mit den Flüchtlingen" vor. (Bild: SMB/Wenger) © SMB/Wenger

München – Ihre Erlebnisse teilen im Moment Tausende in Bayern. Als ehrenamtliche Helferin engagiert sich die Journalistin Beatrice Bourcier für Flüchtlinge. Geschichten von Leid, Verfolgung und Tod: Sie hat die Begegnungen mit den Menschen, die vor Krieg und Terror geflohen sind, um in Deutschland einen Neuanfang zu wagen, zu Papier gebracht. Entstanden ist „ein Erfahrungsbericht“, wie die Autorin selbst sagt, aus dem sie an diesem Abend in der Buchhandlung Lesetraum des Sankt Michaelsbundes einige Passagen vorträgt. Sie wolle mit ihrem Buch "Mein Sommer mit den Flüchtlingen" nicht politisieren, keine Wertung abgeben. Darauf legt Bourcier großen Wert; vielmehr gibt sie den Helfern im Land eine Stimme. Bourcier hat die Erzählungen ihrer „Schützlinge“, denen sie in der Erstaufnahmeeinrichtung begegnet ist, zusammengetragen.

Größtmögliche Authentizität

Bourcier selbst gesteht an diesem Abend auch ihre Zweifel, die sie anfangs hatte: Sie war hin- und hergerissen zwischen dem Drang, aus Betroffenheit und Neugier zu helfen, und der eigenen Bequemlichkeit. Schließlich habe sie sich dem Helferkreis an ihrem Wohnort Inning am Ammersee angeschlossen. Sie hat begonnen, Deutschkurse zu geben und mit der Zeit lernte sie die Menschen besser kennen. Sie hat das Vertrauen der Flüchtlinge gewonnen und so gelang es der Autorin, mit größtmöglicher  Authentizität zu schildern, was ihnen auf ihrer Route in Richtung Deutschland widerfahren ist. So trägt sie das Schicksal von Peter aus Nigeria vor, der mit ansehen musste, wie sein Haus von der Terrororganisation Boko Haram niedergebrannt wurde. Seine Eltern hatten sich auch darin aufgehalten und wurden getötet. Kein Essen. Kein Trinken. Nur das Vertrauen auf Gott sei ihm auf seiner Flucht zu Fuß bis nach Libyen geblieben, zitiert Bourcier den jungen Mann. Er wüsste nicht mehr, wie lange er auf der Flucht unterwegs war. In Libyen angekommen, folgte die Schiffspassage über das Mittelmeer. So viel Platz wie ein Papier der Größe A4 sei den Männern auf dem Boot geblieben, schildert Peter in Bourciers Buch seine Erlebnisse. Sie hätten stehen müssen, bis die ersten ins Wasser gefallen waren und ertranken. Dann habe für die Verbliebenen Platz zum Sitzen gegeben. Auch die Geschichte von Anas, der vor dem Terror in Syrien geflohen ist, schildert Beatrice Bourcier. Er habe ihr Fotos gezeigt, die sie mehr als betroffen machten. In dem Kapitel über ihn, „ging ich an meine Grenze“, so Bourcier. An diesem Abend war der  Syrer mit den blonden Haaren zu Gast und erzählte selbst von seinen Erlebnissen. Er hat Fuß gefasst in Deutschland, setzt sein Studium an der Universität fort und hofft darauf, hier so schnell wie möglich auf eigenen Beinen zu stehen.

Es darf auch geschmunzelt werden

In Bourciers Buch gibt es neben Traurigem auch Passagen zum Schmunzeln: Ihre Tochter, die die Journalistin von Beginn an mit zu den Treffen genommen hatte , habe einen syrischen Jungen nach seinem Alter gefragt. Im dritten oder vierten Anlauf habe der ihr geantwortet: „Ich bin neun Jahre groß“. Sie solle nicht nur die schlimmen Dinge erzählen, habe ihr ein anderer gesagt, sondern auch von der großen Dankbarkeit der Menschen, dass sie hier die Möglichkeit haben, eine neue Heimat zu finden und von der Schokolade, die sie hier allerorts bekommen würden. Die 14-jährige Tochter der Autorin hat selbst ein Kapitel verfasst, das den Leser nachdenklich stimmt: Uns geht es allen einfach zu gut, als dass wir uns in die Lage der Menschen hineinversetzen könnten, die auf der Flucht vor Terror und Gewalt zu uns gekommen sind.  

"Keine Rosa-Wölkchen-Welt" 

Beatrice Bourcier möchte „keine Rosa-Wölkchen-Welt schildern“, wie sie selbst sagt, sie ist sich der angespannten Lage bewusst. Nach den Anschlägen von Paris, wonach Flüchtlinge ins Visier der Ermittler geraten sind, sei eine Zuspitzung möglich. Gerade jetzt will Bourcier weiter helfen. Der gesamte Erlös ihres Buches kommt einer syrischen Familie zugute, die ihre Hilfe dringend braucht. (taw)