Linz - Österreichs Oberster Gerichtshof hat das nächtliche Läuten des Linzer Mariendoms in letzter Instanz gestattet. Es wies die Revision eines klagenden Anrainers ab, wie die Diözese Linz am Donnerstagabend mitteilte. Der Architekt Wolfgang Lassy hatte von der Dompfarrei gefordert, das nächtliche Läuten der Domglocken zu unterlassen, da die Zeitansage alle 15 Minuten seinen Schlaf störe und seine Gesundheit beeinträchtige.
Der Kläger hatte das Haus in Domnähe 2004 gekauft. Die Kirchturmuhr schlage zwischen 22 und 6 Uhr jede Viertelstunde, insgesamt 222 Mal pro Nacht. Er leide unter Schlafstörungen und als Folge davon an diversen Symptomen wie Panikreaktionen, Schweißausbrüchen, Erschöpfungs- sowie Ermattungszuständen. Klägeranwalt Wolfgang List sprach am Donnerstag von einer möglichen Verletzung der Europäischen Menschenrechtskonvention.
Im erstinstanzlichen Urteil des Landesgerichts im August 2015 hieß es, jene viertelstündlichen Glockenschläge, mit denen auch in der Nacht die Uhrzeit angesagt wird, seien eine "ortsübliche Immission". Dass die nächtlichen Lärmimmissionen potenziell zu Schlaflosigkeit und daher zu Gesundheitsschädigungen führen könnten, hätte der Kläger beim Kauf seiner Wohnung unweit des Doms erkennen können.
Das Oberlandesgericht entschied im Dezember, entscheidend sei nicht, dass der Nachbar durch das "Zeitschlagen" seine Gesundheit gefährdet sehe und auch nicht, dass "übersensible Menschen" wie der Kläger Probleme mit einer Lärmimmission hätten. Für einen Unterlassungsanspruch müsse vielmehr eine "allgemeine Gesundheitsgefährdung" von den Glockenschlägen ausgehen. Diesen Beweis habe der Kläger nicht erbracht.
Österreich sei ein katholisch geprägtes Land mit einer Vielzahl an Glocken und Kirchenuhren, hieß es im Urteil vom Dezember. In einem plakativen Vergleich argumentierte der Richter, auch die Klage eines bisherigen Großstadtbewohners, "der aufs Land zieht und dort bemerkt, dass er an einer Gräserallergie leidet", gegen den benachbarten Landwirt wäre "wohl nicht erfolgreich". (kna)