Jahresbilanz der SMB-Büchereien

Vom Bücherlager zum Begegnungszentrum

Kulturpessimisten haben nicht immer Recht: Die öffentlichen Büchereien in Bayern stehen nach wie vor gut da. Das zeigt zumindest die Jahresstatistik für die Büchereiarbeit 2015 des Sankt Michaelsbunds. Sorgen macht sich Bibliothekar Michael Sanetra wegen eines anderen Aspekts.

Büchereien sind Treffpunkte, wo sich verschiedene Generationen begegnen. (Bild: Fotolia.com/WavebreakmediaMicro) © Fotolia.com/WavebreakmediaMicro

München – Rund 1.000 öffentliche Büchereien betreut das katholische Medienhaus Sankt Michaelsbund in ganz Bayern. „Das prognostizierte Ende des Buchs oder das Sterben der Bibliotheken ist in den vergangenen zehn Jahren absolut ausgeblieben“, sagt Michael Sanetra, Leiter der Landesfachstelle für die bibliothekarischen Betreuungsbereiche beim Michaelsbund. Die Zahl der Benutzer (2015 rund 470.000) und die Zahl der Entleihungen (13,3 Millionen) in den Büchereien würden sich seit Jahren auf „hohem Niveau“ stabilisieren.

Deutlich gestiegen sind die Zahl der Veranstaltungen in den Bibliotheken und die Onleihe-Nutzungen in den Verbünden „Lesen Online Südbayern“ (LEO-SUED) und „Lesen Online Nordbayern“ (LEO-NORD), die eine zeit- und ortsunabhängige Nutzung digitaler Medien ermöglichen würden. Gesunken sind die Zahlen dort, wo sich die Mediennutzung der Menschen durch Internetangebote dramatisch geändert hat: So sind die Entleihungen von Tonkassetten, CDs oder CD-ROMs deutlich zurückgegangen.

Öffentliche Zuschüsse fehlen

Sorgen bereiten Sanetra die geringen öffentlichen Zuschüsse für die Büchereiarbeit. „Der Freistaat Bayern hat die radikalen Kürzungen von 2003 noch nicht einmal im Ansatz kompensiert.“ Die fehlenden Gelder würden sich vor allem auf die räumliche Situation der Bibliotheken negativ auswirken, so der Leiter der Landesfachstelle. Eine positive Ausnahme sei da die Erzdiözese München und Freising, die ihren Bibliothekszuschuss gerade um 50 Prozent erhöht habe.

Vor allem die Verbesserung der Räume und damit der Aufenthaltsqualität in den Büchereien wird aber laut Sanetra immer wichtiger, da diese einem grundsätzlichen Wandel unterzogen seien: weg vom Archiv und Bücherlager hin zum modernen Begegnungszentrum. „Die Büchereien sind gerade in ländlichen Gebieten die einzigen übriggebliebenen kulturellen Treffpunkte.“ Dort könnten sich nicht nur Alt und Jung ohne Konsumzwang auf Augenhöhe begegnen, sondern auch Flüchtlinge und Migranten einen Ort zum Wohlfühlen vorfinden.

12.000 Ehrenamtliche

Der Sankt Michaelsbund will deshalb in dem kommenden Jahren vor allem die Verbesserung der bibliothekarischen Infrastruktur vor Ort fördern und weniger den stetigen Ausbau von Buchbeständen, so Sanetra. Ein weiterer Schwerpunkt sei die Aus- und Fortbildung der rund 12.000 Ehrenamtlichen, mit denen der Büchereifachverband in Bayern zusammenarbeitet. (ksc)

In dieser Woche übergibt Michael Sanetra seinen Sitz im Vorstand der Sektion 6 des Deutschen Bibliotheksverbands (DBV) an Sabine Adolph vom Sankt Michaelsbund. Die Sektion 6 umfasst über- und regionale Institutionen des Bibliothekswesens und Landkreise ohne bibliothekarische Einrichtungen (staatliche und kirchliche Fachstellen, Büchereiverbände).

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