München/Münster – Die Online-Edition der Tagebücher des früheren Erzbischofs von München und Freising, Kardinal Michael von Faulhaber (1869-1952), ist um zwei weitere Jahrgänge ergänzt worden. Ab sofort sind unter www.faulhaber-edition.de auch die Einträge von 1940 und 1941 zugänglich. Das teilte das Institut für Zeitgeschichte München-Berlin und das Seminar für Mittlere und Neuere Kirchengeschichte der Universität Münster mit. Ein Team beider Einrichtungen überträgt die Aufzeichnungen des Kirchenmannes, der als Bischof von Speyer begonnen hatte, Tagebuch zu führen, aus der Kurzschrift Gabelsberger im Rahmen eines Forschungsprojekts.
Nur wenige Monate nach dem Überfall auf Polen hatte der Krieg München erreicht, wie es heißt. Die Stimmung der Bevölkerung ist gedrückt. Der Kardinal notiert am 6. Februar 1940: "Carnevalsdienstag, aber nichts davon zu bemerken." Der erste Bombenangriff auf München am 4. Juni 1940 verursacht nur geringe Schäden, doch die "Trichter in der Stadt haben gewaltigen Eindruck gemacht", hält der Erzbischof fest.
Faulhaber lehnte Ermordung von Patienten der Heil- und Pflegeanstalten ab
Über den Kriegsverlauf im Osten und Westen ist Faulhaber durch zurückkehrende Feldgeistliche, Soldaten auf Fronturlaub und vornehmlich Besucherinnen, deren Verwandte im Feld stehen, orientiert, wie es heißt. Zutiefst beunruhigen nicht nur ihn die sich verdichtenden Nachrichten, dass die Patienten der Heil- und Pflegeanstalten in Tötungsanstalten deportiert und dort ermordet werden. In einer Eingabe an Reichsjustizminister Gürtner vom 6. November 1940 attackiert Faulhaber die "Euthanasie" als unvereinbar mit dem "christlichen Sittenkodex" und fordert deren Beendigung.
Erst in Reaktion auf die Predigt Bischof von Galens am 3. August 1941 stellen die Nationalsozialisten die zentral organisierte Mordaktion "T4" ein. Der Massenmord erfolgt nun direkt in den Heil- und Pflegeanstalten: "Es wird nicht mehr abtransportiert, sondern im Hause selber gemacht", eröffnet der Pfarrvikar der Anstalt Eglfing-Haar Faulhaber am 15. November 1941.
Kardinal fordert bischöfliche Reaktion zum Abtransport von Juden
Am 13. November schreibt der Kardinal: "Das große Gespräch dieser Tage der Abtransport von 1.000 Juden nach Polen bei Nacht und bei Tag. Ich wende mich in dieser Sache an den Vorsitzenden der Bischofskonferenz." Faulhaber regt daraufhin bei Kardinal Adolf Bertram eine gemeinsame Reaktion der katholischen Bischöfe an, doch eine solche unterbleibt. (kna)